Der französische Präsident Emmanuel Macron hat seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin mit ausgesuchter Höflichkeit im Schloss Versailles empfangen. Macron knüpfte in seinem Statement an der langen gemeinsamen Geschichte Frankreichs mit Russland an und erwähnte, dass Zar Peter der Große mehrere Monate in Paris verbracht habe – ohne allerdings zu insinuieren, dass er sich auf eine ähnlich lange Anwesenheit Putins in Paris einstelle.
Macon betonte den umfassenden Dialog, den Russland und Frankreich über die Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle führen sollten. Er regte einen Studentenaustausch nach deutschem Vorbild an.
Macron sagte, dass Russland und Frankreich auch in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft kooperieren sollten. Ohne die EU-Sanktionen zu erwähnen, nannte Macron die Bereiche Energie und Weltraumforschung als Felder der Zusammenarbeit.
Macron will mit Putin in Syrien und in der Ukraine zusammenarbeiten.
In Syrien gäbe es keine Lösung ohne Russland. Die Interessen Frankreichs entsprächen jenen der Russen: Es müsse zunächst der Kampf gegen die Terror-Gruppen gewonnen und dann eine friedlicher Neuanfang der politischen und zivilen Gesellschaft in Syrien versucht werden. Dieser Neuanfang solle „inklusiv“ sein. Von einem notwendigen Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sprach Macron nicht. Die Russen lehnen einen „regime change“ ab und vertreten seit Jahren die Position, dass die Syrer selbst über ihre politische Vertretung entscheiden sollten. Macron nannte neben dem Kampf gegen den IS auch „andere Terror-Gruppen“, die zu bekämpfen seien. Frankreich will allerdings sicherstellen, dass „humanitäre Hilfe in ganz Syrien Zugang“ erhalte. Einige Hilfsorganisationen in Syrien werden von der französischen Regierung finanziert. Auch im Fall von Giftgas verzichtete Macron auf eine Schuldzuweisung gegen Russland. Er sagte, Frankreich werde auf jeden Giftgaseinsatz umgehend militärisch reagieren – egal von wem er ausgeführt werde.
In der Ukraine strebt Macron einen Friedensprozess im Normandie-Format, also unter Beteiligung Russlands an. Dazu müssten die Minsker Vereinbarungen erfüllt werden. Der Prozess solle unter Beteiligung Deutschlands und der OSZE weitergeführt werden. Die Krim erwähnte Macron nicht.
Macron sagte, er habe mit Putin ein „sehr gutes“ Gespräch über die Lage der LGBT-community in Tschetschenien gehabt. Putin habe ihm versichert, dass seine Regierung verschiedene Initiativen lanciert habe, um die Situation der LGBT-community in Tschetschenien zu verbessern und das Problem der Anfeindungen und Diskrimierungen zu lösen.
Putin sagte, man habe sehr offen über die Probleme zwischen der EU und Russland gesprochen. Trotz der bestehenden Schwierigkeiten hätten sich die französischen Direktinvestitionen in den vergangenen Jahren um 2,5 Milliarden Dollar erhöht. 500 französische Unternehmen seien immer noch in Russland tätig und wollten ihre Aktivitäten ausweiten. Der Handel habe in den vergangenen Monaten um 23 Prozent zugelegt. Enge wirtschaftliche Beziehungen seien im bilateralen Interesse.
Putin sagte, dass Russland und Frankreich in Syrien und in der Ukraine kooperieren wollen. Putin sagte, Macron habe ein gemeinsame Anti-Terror-Task Force vorgeschlagen, die sich in Paris und Moskau mit dem Problem des internationalen Terrorismus beschäftigen solle.
Putin bedankte sich bei Macron für die Einladung und sagte in Anspielung auf den langen Aufenthalt Peters des Großen, dass er hoffe, dass Macron bald nach Russland kommen werden und dort „einige Wochen“ zubringen könne.
Interessant: Von Journalisten angesprochen, ob auch die angebliche russische Intervention in die französischen Wahlen ein Thema gewesen seien, sagte Macron eher kurz angebunden: Ihn interessiere die Vergangenheit nicht. Die Franzosen hätten Marine Le Pen nicht gewählt, nun sei es Zeit, nach vorne zu schauen und die politisch relevanten Themen zu behandeln. Macron fuhr allerdings eine Breitseite gegen RT und Sputnik und rechtfertigte deren Ausschluss aus seiner Kampagne, weil sie falsche Nachrichten und Propaganda verbreitet hätten.
Putin sagte auf die Frage nach dem Besuch von Le Pen in Moskau, dass es seine Praxis sei, jeden Politiker zu empfangen und sich dessen Positionen anzuhören - auch wenn er mitunter nicht mit diesen Positionen übereinstimme. Putin wörtlich: "Wir sind keine Kinder. Wir haben ernsthafte Geschäfte zu verrichten."