Politik

Sigmar Gabriel ergreift Partei für Katar, attackiert Trump

Bundesaußenminister Gabriel hat für Katar Partei ergriffen. Deutschland spielt in dem Konflikt politisch allerdings nur eine Nebenrolle.
07.06.2017 02:00
Lesezeit: 3 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat Katar im Konflikt mit den arabischen Nachbarstaaten den Rücken gestärkt und in diesem Zusammenhang US-Präsident Donald Trump schwere Vorwürfe gemacht. "Katar soll offenbar mehr oder weniger vollständig isoliert und existentiell getroffen werden", sagte Gabriel dem Handelsblatt. "Eine solche Trumpisierung des Umgangs miteinander ist in einer ohnehin krisengeschüttelten Region ganz besonders gefährlich", warnte der Vizekanzler.

"Mit einer weiteren Eskalation ist niemandem gedient", hob Gabriel hervor. Der Mittlere Osten sei bereits "ein politisches und militärisches Pulverfass". Nun seien auch noch die Golfmonarchien wegen religiöser, ethnischer und politischer Konflikte gespalten.

Gabriel übte grundsätzliche Kritik an Trumps Nahost-Politik. "Die jüngsten gigantischen Rüstungsdeals des amerikanischen Präsidenten Trump mit den Golfmonarchien verschärfen das Risiko einer neuen Aufrüstungsspirale", warnte er. Dies sei "eine völlig falsche Politik, und sicher nicht die Politik Deutschlands".

Deutschland und seine Verbündeten hätten durch das Atomabkommen mit dem Iran bis auf weiteres die Gefahr einer nuklearen Aufrüstungsdynamik in der Region gebannt. Berlin setze darauf, dass es bald wieder möglich sei, miteinander zu reden und Konflikte durch Gespräche zu entschärfen.

Der Nahe und Mittlere Osten stehe vor riesigen Herausforderungen - der Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), der Krieg in Syrien und die absehbaren Folgen des Klimawandels seien nur einige davon. "Ein tiefgehender Streit unter Nachbarn ist da eigentlich das Letzte, das man gebrauchen kann", sagte Gabriel.

Die weitgehende Isolation Katars erfolgte kurz nach einem Besuch Trumps in Saudi-Arabien, bei dem Waffen- und andere Wirtschaftsabkommen in dreistelliger Milliardenhöhe abgeschlossen hatte. Gabriel trifft sich am Mittwoch in Berlin mit dem saudischen Außenminister Adel al-Dschubeir. "Dann werden wir sicher mehr erfahren über die Beweggründe der Saudis für ihr äußerst hartes Vorgehen", sagte Gabriel.

Wie die Position der Saudis aussieht, gab der Außenminister der Monarchie in Paris bekannt. Er fordert laut AFP einen grundlegenden Politikwechsel im Umgang mit Extremisten: "Sie müssen ihre Politik ändern", sagte al-Dschubeir am Dienstag bei einem Treffen mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian in Paris. So solle Katar "aufhören, extremistische Gruppen zu unterstützen", wie etwa die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas und die Muslimbrüder. Katar müsse sich wie "ein normales Land" verhalten.

Der Chef-Diplomat von Saudi-Arabien warf Katar zudem vor, "feindliche Medien" zu unterstützen und sich in die nationalen Angelegenheiten seiner Nachbarländer einzumischen. Al-Dschubeir wollte sich aber nicht näher dazu äußern, welche Maßnahmen genau er von Doha erwartet. "Es gibt mehrere Maßnahmen, die ergriffen werden können, und sie kennen sie", sagte er. Auf Vermittlung von außen setze er in dem Konflikt hingegen nicht.

Auf die Frage, ob Saudi-Arabien einen Machtwechsel in Katar herbeiführen wolle, antwortete al-Dschubeir: "Wir wollen, das die Katarer ihre gemachten Zusagen erfüllen." Das Land hatte sich 2014 verpflichtet, keine Islamistenführer mehr zu beherbergen und den Ton des einflussreichen katarischen Fernsehsenders Al-Dschasira zu mäßigen. Dem Sender wird vorgeworfen, als Sprachrohr von Islamisten zu fungieren. Sky News berichtet in seiner arabischsprachigen Ausgabe von einem 24-Stunden-Ultimatum, dass die Saudis den Kataris gestellt haben sollen. Eine Bestätigung für diese Aktion gibt es allerdings nicht. Der russische Staatssender Sputnik berichtete gar von einer bevorstehenden Invasion der Saudis in Katar, allerdings unter Berufung auf zweifelhafte, anonyme Quellen.

CNN wiederum berichtet von einem anonymen Geheimdienstmitarbeiter, der Russland verdächtigt, Auslöser der Krise zu sein. Die diplomatische Krise mit dem Golf-Emirat Katar sei auf eine von russischen Hackern initiierte Fehlinformationskampagne zurückzuführen. Russische Hacker hätten eine "Fake News"-Geschichte bei der staatlichen Nachrichtenagentur Katars platziert, die Saudi-Arabien und mehrere andere Staaten zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Katar veranlasst habe.

Saudi-Arabien und seine Verbündeten Bahrain, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten die diplomatischen Beziehungen zu Katar am Montag überraschend abgebrochen. Katarische Bürger müssen diese Länder binnen 14 Tagen verlassen. Außerdem stellten die Länder den Flugverkehr nach Katar ein. Aus Riad hieß es dazu, es gehe darum, die "nationale Sicherheit vor den Gefahren von Terrorismus und Extremismus zu schützen".

"Wir haben diese Maßnahmen ergriffen um zu sagen, dass genug genug ist", sagte al-Dschubeir in Paris. Der französische Staatschef Emmanuel Macron telefonierte derweil mit Katars Emir Tamim bin Hamad al-Thani. Wie der Elysée-Palast mitteilte, rief Macron dabei zur "Einheit" zwischen den Golfstaaten auf und zur Unterstützung "aller Initiativen, die eine Beruhigung begünstigen". Es sei wichtig, "die Stabilität in der Region zu erhalten".

Deutschland und Frankreich spielen allerdings nur eine politische Nebenrolle in dem Konflikt, wenngleich die massiven Investments der Kataris in viele europäischen Firmen ein wichtiger Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa sind. Am Dienstag telefonierte US-Präsident Donald Trump mit dem saudischen König Salman. Al Jazeera, der Staatsender von Katar, zitiert ein Statement des Weißen Hauses: "Die beiden Führer diskutierten die Ziele der Verhinderung der Finanzierung terroristischer Organisationen und der Beseitigung der Förderung des Extremismus durch jede Nation in der Region." Trump unterstrich, "dass ein vereinigter Golfkooperationsrat entscheidend sei, Terrorismus zu besiegen und die regionale Stabilität zu fördern".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...