Politik

Patt in Großbritannien: Konservative verlieren absolute Mehrheit

Premierministerin Theresa May erlebte bei dem britischen Unterhaus-Wahlen ein Debakel.
09.06.2017 05:51
Lesezeit: 2 min

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Bei der Parlamentswahl in Großbritannien steht Regierungschefin Theresa May Prognosen zufolge völlig überraschend vor dem Verlust der absoluten Mehrheit. Ihre Konservativen können laut einer Nachwahlbefragung nur noch mit 314 der 650 Sitze rechnen.

Nach Auszählung für die Verteilung von 550 der 650 Sitze kommen die Tories auf 256 Abgeordnete und Labour auf 231.

Berechnungen etwa der BBC am frühen Freitagmorgen zeichneten nur ein unwesentlich freundlicheres Bild - sie sagten 318 Sitze für die Tories und 267 für die oppositionelle Labour-Partei voraus. Damit droht ein "Hung Parliament" und ein politisches Patt, was die anstehenden Brexit-Verhandlungen verzögern und enorm erschweren könnte. Auch Mays politische Zukunft stand in der Nacht in Frage. So forderte Labour-Chef Jeremy Corbyn ihren Rücktritt. Corbyn selbst überraschte alle mit einem Erfolg, der sich auch auf seine Ablehnung der kriegerischen Interventionen Großbritanniens gründete.

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Eigentlich wollte May durch die vorgezogene Wahl ihre absolute Mehrheit im Unterhaus ausbauen und sich Rückendeckung für ihre harte Linie bei den Brexit-Verhandlungen mit der EU holen.

Das britische Pfund gab nach Bekanntgabe der Prognose zum Dollar um bis zu zwei Prozent nach. Der Aktienmarkt-Future deutete auf fallende Kurse in London zu Handelsbeginn hin.

Sollten die Tories die absolute Mehrheit nicht verteidigen, müssten sich die Konservativen Partner suchen und Kompromisse schließen, um weiter regieren zu können. Aber auch der Parteivorsitz Mays bei den Konservativen könnte in Frage stehen und schließlich eine zweite Unterhauswahl in diesen Jahr erforderlich machen. May sagte am frühen Morgen zunächst nur, sie wisse, dass das Land eine Periode der Stabilität brauche. Wenn die Prognosen richtig seien und ihre Konservativen die meisten Stimmen gewinnen würden, würden die Tories Stabilität liefern.

Labour könnte ebenfalls auf Partnersuche gehen und versuchen, eine Mehrheit zu schmieden. Sie könnte mit den schottischen Nationalisten und den Liberaldemokraten paktieren. Diese haben sich gegen einen Brexit ausgesprochen. Damit wäre auch nicht ausgeschlossen, dass es ein zweites Referendum zu dieser Frage gibt.

Der frühere Finanzminister George Osborne sagte, die Prognose sei für May "komplett katastrophal". Das tatsächliche Ergebnis muss nicht unbedingt der Prognose entsprechen, da diese in der Vergangenheit den Ausgang nicht immer korrekt wiedergab.

Labour käme der Prognose zufolge auf 266 Abgeordnete im neuen Parlament, die schottischen Nationalisten der SNP auf 34 und die Liberaldemokraten auf 14 Sitze. Dazu kämen drei Sitze für die walisischen Nationalisten und ein Sitz für die Grünen.

Am frühen Freitagmorgen waren 550 der 650 Sitze ausgezählt. Bei dem Zwischenstand kamen die Tories auf 256 Abgeordnete und Labour auf 231.

May hatte im April überraschend die Neuwahl angekündigt. Zu dem Zeitpunkt hatten die Konservativen in Umfragen einen Vorsprung auf Labour von etwa 20 Prozent. Die letzten Umfragen vor der Wahl hatten zwar auf einen geringeren Vorsprung hingedeutet, allerdings nicht auf einen Verlust der absoluten Mehrheit.

Elmar Brok, Brexit-Beauftragter der EVP im Europaparlament, sagte unmittelbar nach der ersten Prognose im ZDF, er erwarte bei einem solchen Ausgang erschwerte Brexit-Gespräche. "Dieses Ergebnis bedeutet, dass überhaupt keiner Kompromisse machen kann, Das wird für die Brexit-Verhandlungen sehr große Erschwernisse mitbringen." Ab Freitag werde es zudem bei den Konservativen einen heftigen Kampf um Mays Nachfolge geben.

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