Politik

Rücktritte mehrerer Minister erschüttern Macrons Regierung

Lesezeit: 2 min
22.06.2017 01:54
Der Rücktritt mehrerer Minister innerhalb weniger Tage erschüttert Frankreichs Regierung.
Rücktritte mehrerer Minister erschüttern Macrons Regierung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre sind drei Minister der Zentrumspartei MoDem innerhalb weniger Tage aus der französischen Regierung zurückgetreten: Gestern bereits Verteidigungsministerin Sylvie Goulard, heute schließlich Justizminister François Bayrou und Europaministerin Marielle de Sarnez. Die Rücktritte bringen Staatschef Emmanuel Macron in die Bredouille – sie zwingen den Präsidenten nach nur fünfeinhalb Wochen im Amt zu einer umfassenden Regierungsumbildung. Das neue Kabinett soll bis Mittwochabend vorgestellt werden, berichtet AFP.

Nach der Parlamentswahl vom Sonntag war eigentlich nur eine kleine Regierungsumbildung vorgesehen, wie es in Frankreich Tradition ist. Schnell wurde aber bekannt, dass der Minister für den territorialen Zusammenhalt, Richard Ferrand, aus der Regierung ausscheidet. Der in eine Immobilienaffäre verstrickte Macron-Vertraute soll Fraktionschef der Präsidentenpartei La République en Marche in der Nationalversammlung werden.

In den Augen der meisten Beobachter wird damit ein Minister weggelobt, der zunehmend zu einer Belastung für die Regierung wurde. Als Chef einer Versicherung soll Ferrand 2011 seine Lebensgefährtin bei einem Immobiliengeschäft bevorzugt haben.

Die Rücktritte der Minister vom Mittwoch provozierten scharfe Reaktionen der Opposition. Der Vize-Vorsitzende der konservativen Republikaner, Laurent Wauquiez, sprach von einer „großen Regierungskrise und einem politischen Skandal“. „Ein Viertel der Regierung fällt“, sagte er den Sendern RMC und BFMTV. Die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, warf Macron vor, Bayrou „wie ein altes Handtuch“ wegzuwerfen. Macron habe Bayrou während des Wahlkampfes nur „benutzt“.

Zu den Turbulenzen im Lager des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und zum Rückzug von Verteidigungsministerin Sylvie Goulard aus der Regierung schreibt die Tageszeitung La Croix am Mittwoch: „In der Politik gibt es keine Ruhe. Da die Parlamentswahl die Macht des Staatspräsidenten bestätigte, sollte es bei der Zusammensetzung der Regierung nur kleine Änderungen geben. Es sollte eigentlich nur eine Formalität sein – nun erscheint es wie eine politische Erschütterung.“

Bayrou hatte die MoDem (für Mouvement Démocrate, Demokratische Bewegung) nach der Präsidentschaftswahl 2007 gegründet. Er wollte eine Partei der politischen Mitte, die sich stärker von den Konservativen abgrenzt als die bis dahin von ihm geführte Zentrumspartei UDF. Diese ging in der MoDem auf. Vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl 2012 kündigte Bayrou sogar an, den Sozialisten François Hollande zu wählen.

Im französischen Parteiengefüge hatte die MoDem stets Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Vor der diesjährigen Präsidentschaftswahl verzichtete Bayrou, der schon drei Mal im Rennen um das höchste Staatsamt angetreten war, deswegen auf eine erneute Kandidatur und ging ein Bündnis mit Macron ein. Das brachte der MoDem nach Macrons Wahlsieg eine Regierungsbeteiligung. Bei der Parlamentswahl gewann die Partei dann 42 Abgeordnetenmandate – mehr als je zuvor.

Schon vor der Parlamentswahl war die Partei aber in den Strudel einer Scheinbeschäftigungsaffäre geraten: Es besteht der Verdacht, dass die MoDem Mitarbeiter von EU-Parlamentsabgeordneten in Wirklichkeit für Parteiaufgaben einsetzte. Das würde eine Veruntreuung von EU-Mitteln bedeuten. Die französische Justiz hat deswegen Vorermittlungen eingeleitet.

Bayrou hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und beteuert, es sei alles regelkonform verlaufen. Die Ermittlungen sind kompliziert, denn die Mitarbeiter hatten parallel laufende Teilzeitverträge – sowohl als Assistenten von EU-Abgeordneten als auch als Angestellte des Parteiapparats. Die Frage ist deswegen, wieviel sie wann für wen arbeiteten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...