Finanzen

Commerzbank: Opec kann Ölpreis nicht mehr steuern

Lesezeit: 2 min
17.07.2017 23:08
Dem Rohstoffexperten Eugen Weinberg zufolge hat das Förderkartell Opec die Kontrolle über den Ölpreis verloren.
Commerzbank: Opec kann Ölpreis nicht mehr steuern

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Als im vergangenen November das Kartell Erdöl exportierender Staaten (OPEC) und Russland beschlossen hatten, eine Drosselung ihrer Ölförderungen einzuleiten, war die Stimmung optimistisch. Das Ziel bestand darin, durch eine Angebotsverknappung den unter Druck stehenden Ölpreis zu stabilisieren. Allerdings gab es zwei Themen, die bei den OPEC-Mitgliedern für Unsicherheit sorgten, berichtet Oilprice.com. Zum einen wurde befürchtet, dass sich einige OPEC-Mitglieder nicht an die zugesagten Förderkürzungen halten würden. Zum anderen bestand die Gefahr, dass die US-Schieferölindustrie – die seit einigen Jahren auf den Weltmarkt drängt – sich als widerstandsfähig erweisen würde. Die zweite Befürchtung trat ein, obwohl oder gerade weil zahlreiche der Schieferfirmen überschuldet sind.

Die Opec-Mitglieder hielten sich zwar an die Förderbremse vom November 2016, doch sie fuhren ihre Förderungen nur zögerlich zurück. Während Saudi-Arabien seine Produktion um eine Million Barrel (159 Liter-Fass) pro Tag zurückfuhr, erklärte sich Russland lediglich zu einer Kürzung von 300.000 Barrel pro Tag bereit. Der Ölpreis stieg im Dezember 2016 auf etwa 50 Dollar pro Barrel und hielt sich auch im Januar über dieser Marke. Derzeit befindet sich der Preis aber wieder auf dem Niveau vor dem November-Beschluss und der Optimismus ist Pessimismus gewichen. Am Morgen des 17. Juli 2017 kostete US-Öl der Sorte WTI etwa 46,50 Dollar pro Barrel. Die Nordseesorte Brent kostete knapp 49 Dollar pro Barrel.

Der Chef-Rohstoffanalyst der Commerzbank, Eugen Weinberg, hatte schon Ende vergangenen Jahres im Gegensatz zu vielen anderen Energieexperten eine anhaltende Schwächeperiode für den Ölpreis prognostiziert, berichtet Oilprice.com. Er schrieb Anfang Dezember 2016 in einer Analyse, dass die Opec-Produktion letztendlich nur dazu beitragen würde, den Umfang der US-Produktion zu stärken. Seine Aussichten auf die Ölpreise habe er unverändert gehalten. Seiner Analyse zufolge werden sich die Notierungen im aktuellen Jahr weitgehend unter der 50-Dollar-Marke bewegen. Auch viele Banken gehen nun dazu über, ihre optimistischen Prognosen für den Ölpreis nach unten zu korrigieren. Im Gespräch mit Bloomberg erteilte Weinberg der Opec einen Rat. Er schlug vor, dass das Kartell seine Förderung massiv anheben und einen Preissturz herbeiführen sollte, um die Schieferindustrie komplett auszuhebeln.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, wie sich die Konkurrenz zwischen der Opec und den US-Frackingfirmen entwickeln wird, sagte Weinberg: „Die Opec wird weitere Förderkürzungen vornehmen und der Ölpreis wird sich kurzzeitig stabilisieren. Doch die US-Frackingfirmen werden im Gegenzug ihre Produktion steigern, was wiederum zu einem Rückgang des Ölpreises führt. Wir werden dieselbe Entwicklung wie bisher haben. Schlussendlich werden die OPEC-Staaten immer weniger Einnahmen und die US-Frackingfirmen und weitere Nicht-Opes-Staaten steigende Einnahmen vorweisen. Die Interessen zwischen den OPEC-Staaten und den US-Frackingfirmen sind gegensätzlich, da sie miteinander konkurrieren. Es ist auch nicht möglich, eine Einigung zwischen den US-Frackingfirmen und den Opec-Staaten zu erzielen. Denn in den USA gibt es Hunderte von Unternehmen im Ölsektor, die meistens nicht börsennotiert sind und ihre eigenen Ziele verfolgen. Das sind keine Firmen wie ExxonMobil oder andere Energieriesen. Das Dilemma zwischen der Opec und den US-Frackingfirmen ist nicht zu lösen. Der von der Opec erwünschte Effekt wird auch künftig ausbleiben.“

Nach Angaben von Oilprice.com bleiben der Opec letztendlich nur drei Alternativen. Erstens kann sie die gültigen Förderkürzungen verlängern. Zweitens könnte sie ihre Förderkürzungen drastisch ausweiten. Und drittens könnten die Opec-Staaten dem Rat Weinbergs folgen und die Produktion wieder hochfahren.

Die erste Option scheint angesichts der Erfahrungen der vergangenen Monate die Preise nicht signifikant zu stützen. Die Folgen der zweiten Option könnte noch gravierender als die anderen beiden Optionen ausfallen. Katars ehemaliger Öl-Minister, Abdullah al-Attiyah, sagte Bloomberg, dass von hohen Förderkürzungen ausschließlich die US-Frackingunternehmen profitieren würden. Wenn nämlich die Preise steigen, erhöhen diese ihre Produktion und streichen Gewinne und Marktanteile ein.

Die von Weinberg vorgeschlagene Option könnte an einem bestimmten Zeitpunkt die sinnvollste sein, so Oilprice.com. Allerdings besteht die Opec aus zahlreichen Staaten mit eigenen Interessen, sodass ein gemeinsames entschlossenes Vorgehen wenig wahrscheinlich erscheint.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...