Finanzen

Kreditkarten: Visa belohnt Restaurants, wenn sie Bargeld verweigern

Das Kreditkartenunternehmen Visa bezahlt Restaurants, wenn sie Bargeld künftig ablehnen.
18.07.2017 17:34
Lesezeit: 2 min

Der Kreditkarten-Konzern Visa versucht mit ungewöhnlichen Methoden, den Gebrauch von Bargeld in den USA zurückzudrängen. Wie das Wall Street Journal berichtet, bietet Visa Restaurants bis zu 10.000 Dollar an, wenn sie die Annahme von Bargeld künftig verweigern. Im Gegenzug wird Visa für Marketingkosten des Restaurants oder für die Umrüstung der Bezahltechnologie aufkommen.

Visas Verantwortlicher für das globale Geschäft mit Unternehmenskunden, Jack Forestell, bezeichnet die Aktion als „erste Salve“ auf dem „Weg in die Bargeldlosigkeit.“ Ab August werden 50 Restaurants ausgesucht, die an dem Programm teilnehmen dürfen.

Die Motive des Unternehmens sind alles andere als uneigennützig. „Kunden dieser Restaurants können dann nur noch mit Debit-Karten, Kreditkarten oder ihren Mobiltelefonen bezahlen. Im Gegenzug wird Visa die Aufrüstung der Bezahlsysteme des Restaurants übernehmen, damit die Kunden zukünftig nur noch etwa mit der kontaktlosen Bezahlmethode Apple Pay zahlen können“, schreibt das Wall Street Journal.

Bemerkenswert offen beschreibt das Wall Street Journal, dass die Zurückdrängung des Bargeld-Gebrauchs zu den Prioritäten des Vorstandsvorsitzenden Al Kelly gehört, weil Bezahlungen mit Bargeld dem Unternehmen beim Geldverdienen im Weg stehen. „Visa sieht Bargeld schon lange als einen seiner größten Wettbewerber und hat Schritte unternommen, um es zurückzudrängen. Das Bargeld abzuschaffen ist eine Priorität für den Vorstandsvorsitzenden Al Kelly, der das Unternehmen vergangenes Jahr übernommen hatte.“

Die Verantwortlichen bei Visa ärgert offenbar besonders, dass Bargeld auch in den USA noch immer die beliebteste Bezahlmethode darstellt. 32 Prozent aller Transaktionen entfielen 2015 auf Münzen und Scheine, verglichen mit etwa 27 Prozent für Debit-Karten und 21 Prozent für Kreditkarten, schreibt das Wall Street Journal. Weltweit hat der Umfang von Transaktionen mit Bargeld verglichen zu 2015 um rund 2 Prozent auf 17 Billionen Dollar zugelegt.

Interessant ist, dass Visa im Kampf gegen das Bargeld Unterstützung vom Konkurrenten Mastercard erhält. Der Präsident der Kreditkartengesellschaft versteht beispielsweise die Bargeldreform in Indien als Teil einer Digitalstrategie der Regierung. Der Vorstoß Modis sei „ein wichtiger Schritt, um Indien als globalen Führer im Bereich der bargeldlosen und digitalen Wirtschaft zu positionieren“, wird er von Bloomberg zitiert. Dem Ökonomen Norbert Häring zufolge hat die US-Regierung einen bedeutenden Anteil an der Bargeld-Reform in Indien.

Die Vorstöße für eine Abschaffung oder Einschränkung der Bargeld-Verwendung nehmen seit einigen Jahren weltweit merklich zu. Meist werden diese mit dem Kampf gegen Schwarzarbeit, Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begründet. Dies erscheint zwar plausibel. Wahrscheinlich ist aber, dass die Forderungen nach einer Digitalisierung des Geldes weit weniger altruistische Gründe haben. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass Bargeld die einzige Möglichkeit der Bürger darstellt, ihre Ersparnisse vor dem Zugriff der Staaten und Banken und etwaiger Sonderabgaben oder Vermögenssteuern zu schützen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...