Politik

Turbinen auf der Krim: Siemens trennt sich von russischen Partnern

Siemens trennt sich wegen Turbinenlieferungen auf die Krim von seinem russischen Partnerunternehmen.
21.07.2017 11:55
Lesezeit: 1 min

Siemens zieht Konsequenzen aus der Affäre um die Lieferung von Turbinen auf die Krim, berichtet Reuters. Der Konzern werde sich von seiner Minderheitsbeteiligung an dem russischen Unternehmen Interautomatika trennen, das Produkte und Dienstleistungen für Steuerungs- und Kontrollsysteme in Kraftwerken anbietet, teilte Siemens am Freitag mit.

Zudem sei die Beendigung eines Lizenzabkommens mit russischen Unternehmen in Gang gesetzt worden, das die Lieferung von Ausrüstung für Kombikraftwerke betreffe. Bei bestehenden Verträgen mit staatlich kontrollierten Kunden in Russland werde Siemens die Lieferung von Kraftwerksausrüstung bis auf Weiteres stoppen. Das Unternehmen werde zudem künftige Lieferungen kontrollieren, die Installation erfolge durch eigene Mitarbeiter.

„Siemens hat glaubhafte Informationen erhalten, dass alle vier für das Projekt Taman, Südrussland, im Sommer 2016 gelieferten Gasturbinen lokal modifiziert und rechtswidrig, entgegen klarer vertraglicher Vereinbarungen, auf die Krim verbracht worden sind“, erklärten die Münchener. Der Konzern habe „alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergriffen, dies zu verhindern“ und bekräftige sein Angebot, die Ausrüstung zurückzukaufen und den ursprünglichen Vertrag zu annullieren. „Dieses Vorgehen stellt einen eklatanten Bruch der Lieferverträge mit Siemens, des Vertrauens und der EU-Regularien dar", heißt es weiter in einer Stellungnahme des Konzerns.

Reuters hatte bereits von einem Insider erfahren, dass Siemens sein Engagement in Russland überdenkt. Hintergrund: Mehrere Siemens-Gasturbinen, die eigentlich für ein Projekt auf der südrussischen Halbinsel Taman bestimmt waren, sind auf der Halbinsel Krim aufgetaucht, die 2014 an Russland angegliedert wurde und deshalb Wirtschaftssanktionen des Westens unterliegt.

Siemens reichte daher in Moskau Klage gegen seinen russischen Abnehmer Technopromexport (TPE) ein. Dieser ist Generalunternehmer sowohl für das nie gebaute Kraftwerk auf Taman, für das Siemens insgesamt vier Turbinen lieferte, als auch für die auf der Krim geplanten Projekte. Die Regierung in Moskau steht auf dem Standpunkt, dass es sich um Turbinen aus russischer Produktion handele, die deshalb keinen Sanktionen unterlägen.

Das Hauptmotiv, das Siemens zur Abkehr von seinen russischen Partnern veranlasst, liegt in der Furcht vor Strafen aus den USA begründet. Denn mit Verweis auf die gegen Russland gültigen Wirtschaftsbeschränkungen könnte die US-Regierung Ansatzpunkte für solche Strafen finden. Prinzipiell gilt, dass alle in US-Dollar abgewickelten Geschäfte weltweit potentiell der US-Jurisdiktion unterliegen und damit dem Risiko unterliegen, gegen US-Sanktionen zu verstoßen. Das Geschäftsvolumen von Siemens in Russland betrug im Jahr 2016 nach Angaben eines Sprechers 1,2 Milliarden Euro – das sind zwei Prozent des gesamten Konzernumsatzes. In früheren Jahren war der Russland-Umsatz doppelt so hoch.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Initative bennennt 30 konkrete Vorschläge für "Umbauten im Maschinenraum des Staates"
15.03.2025

Mit viel Papierkram und trägen Entscheidungen gilt der deutsche Staat als mühsam. Eine Gruppe um die ehemaligen Bundesminister...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Entfremdung vom Job: Studie fällt klares Urteil zu Arbeitsmoral in Deutschland
15.03.2025

Ist Deutschland zum Land der Lustlosen geworden? Noch nie wurde so häufig Dienst nach Vorschrift gemacht, wie im vergangenen Jahr, fand...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mental Health am Arbeitsplatz
15.03.2025

Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen nehmen zu. Die Fehlzeiten sorgen für einen großen wirtschaftlichen Schaden,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Heizungsmarkt im freien Fall: Verkäufe brechen um 50-Prozent ein
15.03.2025

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sorgt für Chaos, die Nachfrage nach neuen Heizungen bricht drastisch ein. 2024 steuert der Markt in eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bäckerei-Sterben: Immer mehr Brot aus der Fabrik
15.03.2025

Der klassische Bäcker um die Ecke hat eine lange Tradition in Deutschland. Doch immer mehr Großbäckereien verdrängen die kleinen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweiz überholt Deutschland: Überraschender Spitzenreiter in der Containerschifffahrt
15.03.2025

Die Schweiz, ein Land ohne direkten Zugang zum Meer, hat sich überraschend zur größten Containerschiff-Nation der Welt entwickelt....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Scheideweg: Wirtschaftliche Herausforderungen – Vom Wachstumsmotor zur Stagnation? Teil 1
15.03.2025

Die Rolle Deutschlands als Motor der europäischen Wirtschaft ist in Gefahr. Das Wirtschaftswachstum ist seit 2019 weitgehend zum Erliegen...

DWN
Politik
Politik Einigung bei historischem Schuldenpaket: Schwarz-rote Grund­ge­setz­än­de­rungen werden grün
14.03.2025

100 Milliarden Sonderschulden für die Grünen und Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz: Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD...