Politik

EZB-Programm: „Bundesbank kann Karlsruhe nicht ignorieren“

Lesezeit: 1 min
18.08.2017 22:37
Der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart sieht die Bundesbank in der Pflicht, sich gegen das Ankaufprogramm von Staatsanleihen durch die EZB zu stellen.
EZB-Programm: „Bundesbank kann Karlsruhe nicht ignorieren“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Verfassungsrechtlicher Christoph Degenhart sieht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Staatsanleihekäufe der EZB durch den EuGH prüfen zu lassen, die Bundesbank in der Pflicht: Die Bundebank müsse „die ihr zustehenden Möglichkeiten nutzen, gegen das Ankaufsprogramm der EZB einzutreten“, sagte Degenhart den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Degenhart: „Anders als der EuGH unterliegt die Bundesbank der Jurisdiktion des Bundesverfassungsgerichts. Sie muss ihren Einfluss geltend machen, um die Ankäufe zu stoppen.“ Das Bundesverfassungsgericht habe signalisiert, dass die Ankäufe eine unzulässige Staatsfinanzierung darstellten. Daher müsse die Bundesbank „alle ihre Möglichkeiten nutzen“, um das Programm zu beenden.

Degenhart ist davon überzeugt, dass es sich bei dem Programm um eine „Einführung der Schuldenvergemeinschaftung durch die Hintertür“ handelt. Dies habe auch EZB-Direktor Yves Mersch in einer Anhörung bestätigt: „Mersch hat gesagt, dass eine Währungsunion auch eine Haftungsunion sei.“ Eine solche sei jedoch im Grundgesetz nicht vorgesehen und gemäß den Maastrichter-Verträgen sogar ausschließlich verboten. Degenhart glaubt, dass der EuGH dies auch so sehen könnte und hält eine andere Entscheidung des europäischen Höchstgerichts als beim OMT-Programm für möglich. Hinsichtlich des OMT-Programms hatte der EuGH entschieden, dass dieses zwar möglich sei, jedoch nicht unbegrenzt ausgeweitet werden dürfe. Karlsruhe war der Entscheidung des EuGH gefolgt. Degenhart: „Das könnte bei den Staatsanleihen anders sein. Selbst wenn der EuGH das Programm billigt, könnte das Bundesverfassungsgericht zu einer anderen Entscheidung kommen.“

In der Praxis hat Degenhart jedoch keine allzu großen Erwartungen. Der EuGH „sieht sich selbst nicht, wie es eigentlich von der Rechtslage her wäre, als Schiedsgericht für Streitfragen unter den Mitgliedsstaaten, sondern als Motor der Integration in Europa“. Auch der politische Wille, das Programm zu unterbinden, scheint nicht besonders ausgeprägt zu sein. So hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach der Entscheidung erklärt, er sei anderer Auffassung als das Bundesverfassungsgericht und halte die Ankäufe nicht für eine verbotene Staatsfinanzierung.

Degenhart hält es zwar für denkbar, dass die „Bundesbank mit dem Blick auf das Grundgesetz sagt, man mache bei dem EZB-Programm nicht mit“, doch selbst im Falle einer Ablehnung des Programms durch den EuGH dürfte eine solche Entscheidung nur deklaratorischen Charakter haben. Degenhart: „Die Ankäufe können ja nicht einfach rückabgewickelt werden, weil das zu Verlusten für die Bundesbank führen könnte.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...