Finanzen

Scharfe Kritik an vorläufigem Start von Ceta-Handelsabkommen

Das vorläufige Inkrafttreten des Handelsabkommens Ceta zwischen der EU und Kanada ist auf scharfe Kritik gestoßen.
20.09.2017 17:05
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Kurz vor dem vorläufigen Inkrafttreten des Freihandelsabkommens Ceta zwischen der EU und Kanada haben Umweltschützer und Linke vor einem Rückschlag bei Verbraucherrechten und dem Gesundheitsschutz gewarnt, berichtet AFP. Greenpeace erklärte am Mittwoch, Ceta „gefährdet die Lebensmittelsicherheit und Agrar-Standards“, Linken-Chefin Katja Kipping sprach von einem „Konzern-Ermächtigungsabkommen“. Die EU-Kommission hingegen stellte europäischen Unternehmen Einsparungen in Höhe von 590 Millionen Euro pro Jahr durch Ceta in Aussicht.

Ceta tritt am Donnerstag vorläufig in Kraft, womit fast alle Zölle im Handel zwischen der EU und Kanada wegfallen. Nicht in Kraft treten wird zunächst das System zur Beilegung von Streitigkeiten, weil es nicht in die EU-Kompetenz für Handelsfragen fällt. Ceta muss deshalb auch auf nationaler Ebene durch die Parlamente ratifiziert werden - bislang ist Ceta nur in fünf Ländern angenommen. Kritiker stören sich an einer Sondergerichtsbarkeit für Investoren.

Greenpeace erklärte, es sei „inakzeptabel“, dass Ceta vorläufig in Kraft trete, bevor die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten zugestimmt hätten. Kanada habe schwächere Vorschriften bei der Lebensmittelsicherheit und bei der Kennzeichnung von Produkten als die EU. Die Organisation verwies dabei auf einen verbreiteten Einsatz von Pestiziden und Gen-Pflanzen in Kanada.

Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer erklärte, entgegen dem „EU-offiziellen Jubel“ sei Ceta „kein Musterabkommen für den Außenhandel der EU“. Das Abkommen sei jahrelang hinter verschlossenen Türen verhandelt worden. Am Ende sei es Kritikern nicht mehr gelungen, „wesentliche Regelungen etwa zum Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge oder des Vorsorgeprinzips durchzusetzen“. Dieser Grundsatz lässt Verkaufsverbote und Rückrufe von Produkten auch zu, wenn wissenschaftliche Daten keine umfassende Risikobewertung zulassen.

Kipping sprach von einem „schwarzen Tag für die Demokratie“. Das Abkommen untergrabe Rechte von Arbeitnehmern in Europa und Kanada. Der BUND kritisierte, dass Teile von Ceta umgesetzt würden, obwohl „völlig offen“ sei, ob es jemals in Kraft trete. Die Organisation forderte, Ceta in Deutschland nicht zu ratifizieren. Die Verbraucherschützer von Foodwatch kritisierten, dass durch Ceta Errungenschaften wie das Vorsorgeprinzip „ausgehebelt“ würden.

Die EU-Kommission lobte das jahrelang ausgehandelte Abkommen. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte, Ceta habe „das Potenzial, Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Jobs anzukurbeln“. Schon am ersten Tag des Inkrafttretens würden 98 Prozent aller Produktgruppen von Zöllen befreit sein, schrieb sie mit dem kanadischen Handelsminister François-Philippe Champagne in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau. Hierzu zähle „alles von Industrieausrüstungen über medizinische Geräte bis hin zu Nahrungsmitteln und Bekleidung“.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte, von dem Vertrag würden Europas Bürger und Unternehmen profitieren und es sei Zeit, „das Beste aus dieser Möglichkeit zu machen“. Die handelspolitische Sprecherin der EVP-Fraktion im Europaparlament, Godelieve Quisthoudt-Rowohl (CDU), sprach von einem „historischen Datum der europäischen Handelspolitik“. Kanada und Europa teilten dieselben Werte und Prinzipien, daher sei es „nur logisch“, die Märkte enger zusammenzuführen und Hemmnisse abzubauen.

Die EU und Kanada hatten im vergangenen Jahr ihre Verhandlungen über das Ceta-Abkommen abgeschlossen. Endgültig kann es erst in Kraft treten, nachdem es von 38 nationalen und regionalen Parlamenten in den EU-Staaten ratifiziert wurde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...