Politik

EU-Kommission will Internet-Firmen stärker besteuern

In der EU-Kommission denkt man über Wege nach, wie die Steuerlast für Internetkonzerne erhöht werden kann.
21.09.2017 17:16
Lesezeit: 1 min

Vor dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Digitalwirtschaft hat die EU-Kommission Möglichkeiten zur besseren Besteuerung von Internet-Unternehmen wie Google oder Facebook vorgestellt. Heutige Besteuerungsregeln könnten Geschäfte von im Internet tätigen Firmen nicht wirksam erfassen, erklärte die EU-Kommission am Donnerstag laut AFP.

Dies führe dazu, dass er Steuersatz für Digitalfirmen in der EU nur halb so hoch sei wie für traditionellen Unternehmen – „und oftmals noch deutlich niedriger“. „Die Mitgliedstaaten verlieren ihre Steuereinnahmen“, sagte der zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis mit Blick auf die hohen Wachstumsraten der Digitalwirtschaft zu Lasten etwa des stationären Handels.

Über das Internet könnten Firmen heute überall tätig sein, ohne in Absatzländern tatsächlich präsent zu sein. Ziel sei es deshalb, „ein einfaches Prinzip“ durchzusetzen, sagte Dombrovskis: Die Besteuerung müsse dort erfolgen, „wo die wirtschaftliche Aktivität stattfindet“.

Der effektive Steuersatz von traditionellen, grenzüberschreitend tätigen Unternehmen liegt laut der EU-Kommission bei durchschnittlich 23,2 Prozent. Dagegen kämen international tätige Digitalfirmen nur auf eine Besteuerungsquote zwischen 8,9 und 10,1 Prozent.

Eine von der EU-Kommission genannte Möglichkeit, eine wirksamere Besteuerung zu erreichen, ist eine Anpassung der Vorschläge für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB). Über diese Großreform wird schon seit Jahren diskutiert. Dombrovskis räumte ein, dass eine Erweiterung um Gegenstrategien für das Digital-Problem „Zeit benötigt“.

Deshalb führte die Kommission auch drei „kurzfristige“ Optionen auf, um Internet-Firmen besser zu besteuern. Dazu gehört auch ein von Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien vorgebrachter Vorschlag, statt des Gewinns den Umsatz der Unternehmen zu besteuern. Alternativ nennt Brüssel eine „Quellensteuer auf digitale Transaktionen“ und eine „Abgabe auf Einnahmen aus der Bereitstellung digitaler Dienstleistungen oder Werbetätigkeiten“.

Alle kurzfristigen Optionen hätten „Vor- und Nachteile“, heißt es in einer Mitteilung der Kommission. Beim Treffen der EU-Finanzminister vergangene Woche in Estland hatten sich bereits insgesamt zehn Länder hinter den von Deutschland mitgetragenen Vorschlag gestellt. Strikt gegen diese Umstellung von Gewinn- auf Umsatzbesteuerung war aber Irland. Skeptisch waren auch Länder wie Schweden, Malta und Luxemburg.

Für neue EU-weit gültige Steuerregeln wäre ein einstimmiger Beschluss nötig. Dombrovskis sagte, die Optionen sollten nun mit den Mitgliedstaaten diskutiert werden. Nächste Etappe ist demnach der Digital-Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 29. September in Estlands Hauptstadt Tallinn. Ziel sei es, im Dezember „zu einer gemeinsamen EU-Position zu kommen“. Die Kommission könne dann im Frühjahr bereits einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen. Die Vollendung des digitalen Binnenmarkts ist eine der Prioritäten der Kommission. Sie verweist darauf, dass dadurch die Wirtschaftsleistung in der EU um 415 Milliarden Euro pro Jahr steigern könnte und dies entsprechend positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hätte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...