Finanzen

US-Zentralbank Federal Reserve steht Inflation ratlos gegenüber

Die US-Zentralbank Federal Reserve kann sich die derzeit in den USA herrschende Inflationsrate nicht erklären.
23.11.2017 17:12
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die US-Zentralbank Federal Reserve kann sich die Entwicklung der Inflationsraten in den USA im laufenden Jahr nicht erklären. Auf einer Veranstaltung gab die scheidende Fed-Chefin Janet Yellen am Dienstag zu, dass sie die vergleichsweise niedrigen Teuerungsraten nicht verstehe, berichtet die Financial Times. Zugleich könne sie die Treiber der Inflations-Entwicklung in den drei vorangegangenen Jahren aber leicht erklären.

Das Eingeständnis Yellens wirft grundlegende Fragen bezüglich der Geldpolitik der Notenbank auf, welche sich bei ihren Entscheidungen in der Vergangenheit maßgeblich an der Inflation und deren Ausblick orientiert hatte. Bereits im September hatte Yellen gesagt, dass die Inflationsentwicklung ein „Mysterium“ sei, dass sie nicht begründen könne.

Yellen zufolge sei die niedrige Inflation der Jahre 2014 bis 2016 leicht durch relativ hohe Arbeitslosigkeit, fallende Ölpreise und eine Aufwertung des Dollar zu erklären. „In diesen Jahren war die Inflation niedriger als uns lieb war, aber es war nicht überraschend. In diesem Jahr ist es überraschend“, wird Yellen von der FT zitiert.

Weil die offizielle Arbeitslosigkeit nun niedriger sei, die Ölpreise höher sowie der Dollar schwächer, sei die derzeit niedrige Inflation nicht zu erklären. Stattdessen versuchte Yellen, das Verharren um die Marke von etwa 1,5 Prozent mit weniger stark steigenden Ausgaben im Gesundheitsbereich und mit neuen Flatrates von Mobilfunkanbietern zu erklären.

Die Äußerungen Yellens nähren den Verdacht, dass die Zentralbank den wahren Zustand des Arbeitsmarktes nicht kennt. Tatsächlich spiegeln die offiziellen Zahlen die Lage wahrscheinlich nur unzureichend wider.

So steigt die Anzahl der arbeitslosen Amerikaner im arbeitsfähigen Alter seit Jahren an und hat im Dezember 2016 die Marke von 95 Millionen erreicht, berichtet der Fernsehsender CNBC. Die Erklärungsversuche dieser bezogen auf die Gesamtbevölkerung der USA von rund 330 Millionen Menschen extrem hohen Zahl wirken nicht überzeugend. „Die Erklärung, warum sich immer mehr Bürger aus dem Arbeitsleben verabschieden, sind vielfältig und haben etwas mit alternden und früher in Rente gehenden Arbeitern, wegen fehlender Qualifikationen dauerhaft offenen Stellen und damit zu tun, dass es viele Leute offenbar einfach angenehmer finden, Sozialhilfe und andere Transferleistungen zu kassieren anstatt zur Arbeit zu gehen“, schreibt CNBC.

Zudem orientiert sich die Fed an der offiziellen Arbeitslosenrate U3 – welche die engste Definition von Arbeitslosigkeit enthält – und welche derzeit bei deutlich unter 5 Prozent liegt. Der weiter gefassten U6-Definition des Bureau of Labor Statistics zufolge liegt die Arbeitslosigkeit bei etwa 8 Prozent. Der alternative Statistikblog shadowstats.com geht hingegen von einer „wahren“ Arbeitslosenquote von über 20 Prozent aus.

Beobachtern zufolge wirken neben der Arbeitslosigkeit noch andere strukturelle Faktoren, die die Inflation langfristig dämpfen. Dazu gehören die Alterung der Gesellschaft, die Automatisierung und die massive und wachsende Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Haushalten, die zu weniger Ausgaben und Investitionen führen. „Wir erwarten, dass die Teuerung nächstes Jahr steigt – aber es gibt möglicherweise etwas Endemisches, auf das wir achten müssen. Man muss sich einen freien Geist bewahren und darf nicht annehmen, dass man ein Monopol auf die Wahrheit besitzt“, sagte Yellen.

Geht es nach den Anleihehändlern, dürften die Inflationsraten langfristig niedrig bleiben. Der Unterschied zwischen der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen und solchen mit zwei Jahren Laufzeit verkleinert sich seit Monaten und erreicht jetzt einen so geringen Wert wie in den vergangenen 10 Jahren nicht mehr. Maßgeblich geht die Konvergenz bei den Renditen auf sinkende Renditen bei den zehnjährigen Papieren zurück. Beobachter interpretieren dies als Erwartung der Anleihemärkte, dass die Inflation langfristig niedrig bleibt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...