Finanzen

Kritisch für Erdogan: Verdächtiger Geschäftsmann macht Deal mit US-Justiz

Der Goldhändler Reza Zarrab steht nicht mehr als Angeklagter vor einem New Yorker Gericht. Er könnte ein Abkommen mit den Anklägern getroffen haben.
28.11.2017 12:04
Lesezeit: 2 min

Neue Wendung im New Yorker Prozess um den türkisch-iranischen Geschäftsmann Reza Zarrab: Der 34-jährige Goldhändler werde selbst nicht als Angeklagter vor Gericht erscheinen, sagte der Vorsitzende Richter Richard Berman bei der Auswahl der Jury am Montag, berichtet Reuters. Der Vizechef der türkischen Halkbank, Mehmet Hakan Atilla, sei nunmehr der einzige Angeklagte in dem Prozess. Anders als Atilla nahm Zarrab nicht an der Anhörung teil.

Dass Zarrab in dem Fall nicht als Angeklagter auftritt, scheint Medienberichte zu bestätigen, wonach er eine Einigung mit der US-Justiz über Strafminderung im Gegenzug für seine Aussage getroffen hat. Aus Justizkreisen verlautete, die Abwesenheit Zarrabs deute darauf hin, dass er auf schuldig plädiert habe. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht.

Nach Informationen der New York Times steht Zarrab als „mutmaßlicher Komplize“ auf einer Liste möglicher Zeugen und anderer Beteiligter, die am Montag an die Mitglieder der Jury ausgehändigt wurde. Sollte er in dem Prozess als Zeuge aussagen, könnte dies unangenehme Folgen für die türkische Regierung haben, die das Verfahren schon seit Wochen scharf kritisiert. Denn Zarrab hatte enge Kontakte zur Familie des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Erdogan muss damit rechnen, selbst ins Visier der US-Ermittler zu geraten. Die US-Regierung sieht aktuell mit großem Missfallen die Annäherung der Türkei an Russland.

Die türkische Landeswährung Lira war in den vergangenen Tagen vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und der Türkei am Devisenmarkt unter starken Druck geraten.

Zarrab soll unter Mithilfe der türkischen Halkbank große Mengen Gold in den Iran gebracht haben, um iranische Öllieferungen zu bezahlen. Die US-Justiz sieht darin einen Verstoß gegen US-Finanzsanktionen gegen den Iran. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Halkbank, Atilla, ist daher wegen Sanktionsverstößen, Geldwäsche und Korruption angeklagt.

Zarrab wurde im März 2016 in Miami festgenommen, Atilla ein Jahr später in New York. Er ist der einzige Angeklagte, der in den USA in Haft ist. Neben ihm sind aber weitere türkische Staatsbürger angeklagt, darunter ein früherer Wirtschaftsminister.

Für die Türkei ist der Fall äußert brisant, die Regierung in Ankara drang erst am Montag erneut auf die Einstellung des Verfahrens. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Prozess als "Verschwörung" gegen seine Regierung bezeichnet.

Ankara wirft der US-Justiz vor, sich zum Handlanger des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu machen, der auch für den Putschversuch von Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Die türkische Justiz leitete daher Ermittlungen gegen zwei US-Staatsanwälte ein.

Der Prozess ist auch heikel für Erdogan, weil er alte Korruptionsvorwürfe von Dezember 2013 wieder an die Öffentlichkeit bringen könnte. Zarrab stand damals im Zentrum von Ermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans. Vier Minister mussten ihren Posten räumen, bevor Erdogan die Einstellung der Korruptionsermittlungen erzwang.

Es besteht der Verdacht, dass die türkische Führung von den Goldgeschäften Zarrabs nicht nur wusste, sondern von ihnen auch profitiert hat. Erdogan bezeichnet die Korruptionsermittlungen von Dezember 2013 aber als Versuch der Gülen-Bewegung zum Sturz seiner Regierung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...