Lesezeit: 2 min
11.01.2018 17:16
Die Ölförderung Venezuelas ist im Dezember auf den tiefsten Stand seit Jahren gesunken. Zudem regt sich Kritik an der staatlichen Kryptowährung Petro.
Venezuelas Ölförderung bricht ein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die venezolanische Ölförderung ist im Dezember vergangenen Jahres deutlich eingebrochen, wie aus einer Umfrage des US-amerikanischen Finanzdienstleisters Global Pratts unter Mitgliedern der OPEC hervorgeht. Beträchtliche Schulden, eine veraltete Ausrüstung und Infrastruktur sowie schlechte Stimmung unter den Arbeitern haben die Ölindustrie des rohstoffreichen Landes offenbar weit zurückgeworfen. Nach Ansicht von Beobachtern gibt es derzeit wenig Hoffnung auf eine Trendwende.

Im Dezember 2017 fiel der Ausstoß an Rohöl des südamerikanischen Landes auf nur noch 1,7 Millionen Barrel pro Tag (ein Barrel sind 159 Liter). Damit sank die Ölproduktion Venezuelas um 100.000 pro Tag im Vergleich zum Vormonat, was einem Tiefststand seit mehr als 15 Jahren entspricht. Damals hatte ein Generalstreik von Dezember 2002 bis Februar 2003 die Förderung massiv behindert. Wenn man die vom Streik betroffenen Monate außer Acht lässt, ist die Förderung seit August 1989 noch nie so schwach gewesen wie derzeit – also über einen Zeitraum von mehr als 28 Jahren hinweg.

Quellen des Landes sprechen davon, dass Manuel Quevedo – der neue Präsident von PDVSA, der größten Ölgesellschaft Venezuelas, ehemaliger Brigadegeneral der Nationalgarde und ebenfalls erst seit kurzem Ölminister des Landes – mehrere hochrangige Offizielle der Ölindustrie zum Ende des Jahres hat in Haft setzen lassen. Diese Positionen müssten derzeit neu besetzt werden.

Wie zudem von namentlich nicht genannten Insidern berichtet wurde, sieht sich PDVSA mit internen Protesten und großflächigen Kündigungen des Raffinerie-Personals konfrontiert. Verschiedene Marktanalysten haben Venezuela an die Spitze der Liste der Staaten mit den größten geopolitischen Risiken gesetzt. Aufgrund der wirtschaftlichen Risiken und der Schieflage von PDVSA wird befürchtet, dass sich die gegenwärtige Krise verschlimmern oder zumindest fortsetzen wird, wobei die Androhung von US-Sanktionen noch im Raum steht.

Torbjorn Kjus, Ölmarkt-Analyst der norwegischen DNB Bank, sagt: „Die venezolanische Wirtschaft kann jeden Moment kollabieren.“ Und: „Man könne sich Szenarien vorstellen, die von einem direkten Bürgerkrieg über einen Staatsstreich oder Generalstreik bis hin zu einem mehrere Jahre andauernden Erstickungstod der Konjunktur reicht. Keine dieser Optionen verheißt etwas Positives für die venezolanische Ölförderung.”

Derweil reagiert die OPEC gelassen auf Rückgang der Ölproduktion in Venezuela. Denn derzeit befinden sich die Ölpreise nach Analysten der Commerzbank weiter auf dem Weg nach oben. Jüngst verteuerte sich Brent-Öl auf rund 69 US-Dollar je Barrel und Rohöl der Sorte WTI auf 64 US-Dollar je Barrel. Beide Werte entsprechen dem höchsten Niveau seit Mai 2015. Angesichts kräftig fallender US-Rohölvorräte und einer rekordhohen Umsetzung der Produktionskürzungen durch die OPEC sei der Markt von einer anhaltendenden Angebotsverkürzung überzeugt.

Ausgerechnet jetzt gibt es innenpolitische Querelen um die neue Krytowährung des Landes, den Petro. Erst Ende vergangener Woche hatte Präsident Nicolas Maduro neue Einzelheiten zum neuen virtuellen Zahlungsmittel verkündet: Er habe die Ausgabe der ersten 100 Millionen Petros veranlasst, wobei Petro dem Wert eines Barrels venezolanischen Öls entsprechen sollte. Darüber hinaus hatte Maduro für den 14. Januar ein nationales Treffen mit den Petro-Mineros angekündigt, bei dem eine offizielle Vorstellung der Kryptowährung samt White Paper erfolgen sollte.

Allerdings hat die Opposition des Landes bereits massiv gegen das Vorhaben Front gemacht und den Petro kurzerhand für illegal erklärt. Wenn er trotz der Widerstände eingeführt würde, sei dies eindeutig als Verfassungsbruch zu werten. Nach Ansicht des Parlaments handele es sich dabei um eine verfassungswidrige Form der Schuldenaufnahme, der die Abgeordneten hätten zustimmen müssen, weil jeder Petro mit einem Barrel Erdöl aus den Reserven des Landes abgesichert sei. Wie ein Abgeordneter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt hat: „Das ist keine Kryptowährung, sondern ein Ausverkauf von venezolanischem Öl und wie gemacht für Korruption.“ Außerdem hätten andere Parlamentsmitglieder Befürchtungen geäußert, dass der Petro wertlos werde, sollte Maduro bei der nächsten Wahl nicht im Amt bleiben werde.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...