Politik

USA wollen mit Energie-Exporten Russland in Europa zurückdrängen

Dem US-Energieminister Rick Perry zufolge soll der russische Einfluss in Osteuropa mit dem Absatz von US-LNG eingedämmt werden.
27.03.2018 01:29
Lesezeit: 3 min

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Die USA wollen Russland in Europa Marktanteile im Energiemarkt abjagen. Eines der Kampffelder ist Großbritannien, wo durch eine angebliche Spionageaffäre die Zeichen auf Konfrontation mit Russland gestellt werden soll. Dies muss nicht notwendigerweise einen Krieg bedeuten: Doch die Darstellung Russlands als Schurkenstaat könnte die Grundlage für weitgehende Energie-Beschränkungen aus Russland sein. Dies könnte alle europäischen Staaten treffen, insbesondere jene, die auch zur Nato gehören. Zu diesem Zweck kann jeder sogenannte Cyber-Angriff als Anlass genommen werden, um die Nato-Solidarität abzurufen. In der Regel ist die Urheberschaft solcher Angriff so gut wie nicht feststellbar, im Gegenteil: Sie stellen ein bevorzugtes Mittel dar, um dem Gegner die Schuld in die Schuhe zu schieben. So hat die CIA eingeräumt, dass sie aus Frankfurt Angriffe so setzen kann, dass die Urheberschaft jedem beliebigen Gegner zugeordnet werden kann. 

Ob der Versuch, dem US-Flüssiggas zum Durchbruch zu verhelfen, wirklich gelingen kann ist ungewiss. Oilprice.com analysiert: "Die Dominanz Russlands auf den europäischen Gasmärkten zu brechen ist keine leichte Aufgabe - selbst für die USA, die bis zum Ende des Jahrzehnts fünf große LNG-Exportprojekte in Betrieb haben und damit nach Katar und Australien der drittgrößte LNG-Exporteur sein werden."

US-Energieminister Rick Perry sagte nun unmissverständlich, dass die Einführung von US-Energieträgern auf dem osteuropäischen Markt eine Möglichkeit sei, den russischen Einfluss einzudämmen. Das sagte er während einer Anhörung vor dem Militärausschuss vor dem US-Senat auf Nachfrage von Senator Richard Blumenthal. "Eine Energiepolitik, bei der wir Energie nach Osteuropa liefern können, wo wir Partner mit Menschen auf der ganzen Welt sind, wo sie wissen, dass wir ihnen Energie liefern und keine Bedingungen bestehen, ist eine der mächtigsten Botschaften, die wir in Richtung Russland senden können", sagte Perry laut UPI.

Laut dem National Defense Authorization Act sollten die Bemühungen der USA die Energiesicherheit in Europa fördern, weil Russland als seine Energie-Exporte "zur Erzwingung, Einschüchterung und Beeinflussung" von Ländern in der Region verwende.

Die europäische Erdgasproduktion ist rückläufig. Russland ist der größte Gasexporteur nach Europa und der größte Teil dieses Gases fließt durch Pipelines aus der Sowjetzeit, die durch die Ukraine verlaufen, wo allerdings geopolitische Probleme ein Risiko darstellen.

Schiefergas aus den USA ist inzwischen in Form von LNG auf den europäischen Markt gelangt. Der polnische Energie-Riese Polish Oil & Gas (PGNiG) hat im vergangenen Jahr einen Vertrag über die Lieferung von LNG von Cheniere Energy abgeschlossen. Cheniere Energy verfügt über ein Terminal in Louisiana, das als einziges die erforderlichen Genehmigungen für die derzeitigen Exporte von US-Erdgas besitzt.

Im Dezember 2017 sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow, die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel würden sich tatsächlich überreden lassen, „überteuertes amerikanisches verflüssigtes Erdgas” zu bezahlen.

Das US-Finanzministerium gab vergangene Woche bekannt, dass russische Regierungs-Akteure seit März 2016 mit Cyberangriffen auf mehrere „kritische Infrastruktursektoren in den USA, einschließlich der Energie-, Nuklear-, Handels-, Wasser-, Luftfahrt- und kritischen Produktionssektoren” abzielen, berichtet UPI.

Ein Ransomware-Cyberangriff aus dem sogenannten Petya oder NotPetya-Bug richtete sich im vergangenen Jahr gegen tausende von Regierungs- und privaten Unternehmens-Servern auf der ganzen Welt. Die Angreifer wurden nie ausfindig gemacht. Nach Angaben des US-Finanzministerium soll der NotPetya-Angriff vom russischen Militär ausgeführt worden sein. Belege für diese Behauptung wurden nicht vorgelegt.

In seiner Rede stellte Blumenthal die US-Russlandpolitik in Frage, nachdem Präsident Donald Trump nach seinem Wahlsieg vor kurzem dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Gratulations-Botschaft überbracht hatte. Der Senator kritisierte, dass derartige Botschaften des US-Präsidenten die „abschreckende Wirkung” der US-Politik gegenüber Russland zunichte machen.

Zuvor hatte der Abgeordnete des US-Repräsentantenhaus, Don Bacon, nach Angaben von The Hill gesagt: „Der nächste 7. Dezember wird nicht darin bestehen, dass Flugzeuge und Torpedos in Pearl Harbor ankommen (angreifen, Anm. d. Red.). Es (das neue Pearl Harbor, Anm. d. Red.) wird ausgelöst durch einen Angriff auf unser Energienetz mit rollenden Blackouts und Chaos”.

Mit der Erhöhung des Drucks aus Russland könnten die europäischen Staaten gedränbgt werden, US-Flüssiggas statt russischem Gas zu kaufen. Das Vorspiel zu solch einer politischen Marketing-Maßnahme zugunsten der US-Importeure ist derzeit mit der derzeitigen Verbal-Eskalation im Fall Skripal zu beobachten: Während die britische Regierung noch davon gesprochen hatte, dass Moskau "höchstwahrscheinlich" hinter der Vergiftung stecke, ließ das US-Außenministerium dieses Einschränkung in einer Erklärung vollständig weg und ordnete die Vergiftung taxfrei den Russen zu. Belege dafür existieren zwar nicht einmal ansatzweise, doch die reine Behauptung hat bereits zu ersten, wenngleich nicht besonders schwerwiegenden diplomatischen Konsequenzen geführt: Die USA und 14 EU-Staaten wiesen am Montag in einer abgestimmten Aktion zahlreiche russische Bürger aus. Die Regierung in Moskau will mit Gegenmaßnahmen reagieren.

Deutschland verwies vier russische Diplomaten. "Denn nach dem Giftanschlag von Salisbury trägt Russland noch immer nicht zur Aufklärung bei", erklärte Außenminister Heiko Maas. "Wir setzen damit auch ein Zeichen der Solidarität mit Großbritannien." Die USA verwiesen nach Informationen aus Regierungskreisen 60 Russen des Landes und schlossen das Generalkonsulat in Seattle. Die russische Nachrichtenagentur RIA zitierte den russischen Senator Wladimir Dschabarow mit den Worten, sein Land werde im Gegenzug 60 US-Diplomaten ausweisen. Die Regierung in Moskau bestätigte dies zunächst nicht.

Die Konsequenzen der Eskalation könnten vor allem Deutschland treffen: Am Montag sagte die britische Premierministerin Theresa May, sie lasse prüfen, ob das Projekt Nord Stream 2 beim EU-Gipfel im Juni auf die Tagesordnung gesetzt werden könne. Mit Nord Stream 2 könnte Deutschland zu einem europäischen Energie-Hub werden - eine Rolle, die Deutschland unter anderem von den mit Großbritannien und den USA eng verbundenen Polen streitig gemacht wird.

 

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