Finanzen

China und Kroatien bauen Brücke zu Inseln

Lesezeit: 3 min
02.04.2018 21:50
Eine neue Brücke wird eine kroatische Exklave künftig unabhängiger von Bosnien machen. Gebaut werden soll die Verbindungstrasse von einer chinesischen Baufirma mit EU-Fördergeldern.
China und Kroatien bauen Brücke zu Inseln

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Ende März haben die kroatische Beschaffungsbehörde und die China Road and Bridge Corporation einen Vertrag über den Bau der 2.374 Meter langen Brücke unterzeichnet, berichtet Euractiv. Ab dem Jahr 2022 soll der Bau die kroatische Exklave Pelješac mit dem restlichen Teil des Landes verbinden. Profitieren werden davon vor allem die Bewohner der vorgelagerten kroatischen Inseln Korcula, Lastovo und Mljet und aus dem an der Südspitze gelegenen Dubrovnik. Ihr Weg zum Festland führt bislang über Bosnien.

Finanziert wird der Bau zu 85 Prozent mit EU-Fördergeldern mit einer Summe von über 350 Millionen Euro. Während EU-Staaten die Auftragsvergabe an China kritisieren, befürchtet Bosnien eine Verschlechterung der Beziehungen zu Europa.

Den Bau der Pelješac-Brücke strebt Kroatien seit über zehn Jahren an. Im Oktober 2007 sollte die Realisierung beginnen, wurde aus Geldmangel jedoch eingestellt. Mit dem EU-Beitritt im Juli 2013 wurde die Verkehrssituation im Süden des Landes unter Tourismusaspekten EU-Angelegenheit. Im vergangenen Jahr erklärte sich selbige bereit, einen Großteil der Brückenfinanzierung übernehmen zu wollen und erteilte der chinesischen Road and Bridge Corporation (RBC) in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren bereits im Januar den Bauauftrag.

Von den Mitbewerbern, unter anderem einem italienisch-türkischem Konsortium und einer österreichischen Baufirma wurde das Vergabefahren kritisiert. Unter anderem warfen sie der RBC vor, ihr günstiges Angebot nur mit staatlichen Subventionen Chinas abgeben zu können. Auch verstoße das Angebot gegen EU-Investitions- und Beschaffungsvorschriften.

Kroatien wies diese Vorwürfe nun zurück und schloss den Vertrag mit der RBC mit Zustimmung der EU, welche daraufhin die Fördergelder bereitstellte.

Die chinesische Botschaft in Zagreb begrüßte denn auch das Zustandekommen des Bauprojekts und erklärte, diese würde die Chancen anderer chinesischer Unternehmen erhöhen, weiter in das neueste Mitglied der EU zu investieren. Zudem wolle man das bereits in China erworbene Wissen im Brückenbau mit lokalen Arbeitskräften teilen. China will kroatische Arbeiter für die Realisierung des Projekts einstellen.

Eine Neuerung: Denn China betreibt traditionell im Handel mit ausländischen Geschäftspartnern eine einseitige Informationspolitik. Um Geschäfte mit chinesischen Investoren eingehen zu können, forderte die chinesische Regierung bislang grundsätzlich die Zurverfügungstellung der gesamten im jeweiligen Projekt eingesetzten Technologien.

Im vergangenen Jahr war China neben den USA der wichtigste Handelspartner der EU. Laut dem Europäischen Statistikamt  machte der Handel mit China 15,3 Prozent des gesamten Warenverkehrs aus. Umgesetzt wurden Waren im Wert von 573 Milliarden Euro. Die Handelsbeziehungen mit den USA brachten den europäischen Händlern Umsätze von 631 Milliarden Euro. Die Importe aus China nahmen zwischen 2006 und 2016 um 76 Prozent auf aktuell 3.455 Milliarden Euro.

Der chinesische Präsident Xi Jinping kündigte im vergangenen Jahr auf dem 19.Parteitag der chinesischen Kommunisten, an, dass China künftig eine neue Rolle auf dem Weltmarkt einnehmen werde. Seitdem haben chinesische Staatsfirmen mit über 40 Staaten Verträge zum Bau der Neuen Seidenstraße geschlossen, welche als Landweg von China über Zentralasien und die Türkei bis nach Europa führen sowie über das Meer China, Südostasien, den Mittleren Osten, Ostafrika und Europa verbinden wird.

In Osteuropa und Mitteleuropas hat China außerdem milliardenschwere Finanzierungshilfen für Investitionen und Entwicklungsprojekte zugesichert. Auf einem Gipfeltreffen im vergangenen November sagte Ministerpräsident Li Keqiang den Ländern der Region insgesamt rund drei Milliarden Dollar zu.

Bosnien befürchtet aus der kroatischen Direktverbindung Einbußen im Tourismus und in seinem Annäherungsprozess an die EU. Das südliche Dalmatien mit der Urlauberhochburg Dubrovnik ist seit der Unabhängigkeit Kroatiens 1991 vom Rest des Landes abgeschnitten.

Zwischen Nord- und Südkroatien schiebt sich Bosnien-Herzegowina mit dem Badeort Neum dazwischen. Um von Nord nach Südkroatien zu reisen, müssen Touristen bosnisches Gebiet durchqueren. Der bosnische Tourismus profitiert von diesem Durchgangsverkehr. Die geplante Brückenverbindung lässt die kroatischen Touristen künftig weit vor Neum abzweigen. Für Kroatien, das bislang nicht dem Schengenraum angeschlossen ist, stellt die direkte Verbindung zwischen den Küstengebieten eine Reiseerleichterung dar. Im vergangenen Jahr besuchten rund 12 Millionen Urlauber die kroatische Südküste.

Für Bosnien hat die neue Umgehungsverbindung dagegen wirtschaftliche Einbußen im Tourismus- und Infrastrukturbereich. Durch die Brücke ist es vom Tourismus weitgehend angehängt. Bosnien ist als Westbalkanstaat potenzieller Kandidat, in die EU aufgenommen zu werden. Seit 2008 ist das Land privilegierter EU-Handelspartner. Eine Entscheidung über eine Aufnahme Bosniens in die EU steht noch aus. Laut einem Bericht der Welt sprach sich die EU-Kommission im Februar für eine zügige Aufnahme Bosniens und fünf weiterer Westbalkanstaaten aus. So sei eine Mitgliedschaft dieser Staaten im (sicherheits)politischen und wirtschaftlichen Interesse der EU.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Deutsch-australische Rüstungskooperation: Mehr als Boote und Panzer?
05.05.2024

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock befürwortet eine engere Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Australien, da sie betont,...

DWN
Immobilien
Immobilien Die Grunderwerbssteuer: Was Sie unbedingt wissen sollten!
05.05.2024

Jeder, der in Deutschland ein Grundstück erwerben will, zahlt darauf Steuern. Vorne mit dabei: Die Grund- und Grunderwerbssteuer. Doch was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eli Lilly, Merck und Biontech: Deutschland behauptet sich als Pharma-Standort
05.05.2024

Mehr als 250.000 Beschäftigte sind in Deutschland allein in der Pharma-Industrie beschäftigt. Dass die Branche auch in naher Zukunft...

DWN
Finanzen
Finanzen Dispozinsen: Wie sie funktionieren und wie man sie vermeidet
05.05.2024

Dispozinsen können eine teure Überraschung für Bankkunden sein, die ihr Konto überziehen. Dieser Artikel erklärt, wie Dispozinsen...

DWN
Technologie
Technologie EU-China-Beziehung: Droht ein Handelskrieg um Elektroautos?
05.05.2024

Vor Xi Jinpings Besuch in Paris bekräftigt Deutschland seine Haltung im EU-China-Streit um E-Autos. Doch wie wird die EU reagieren?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...