Politik

Niederlande schließen Europas größtes Erdgasfeld

Wegen zunehmender Erdbeben und Sicherheitsrisiken wird das niederländische Erdgasfeld bei Groningen ab dem Jahr 2030 geschlossen.
04.04.2018 17:02
Lesezeit: 2 min

Die Erdgasfördermenge an Europas größtem Gasfeld soll ab 2022 um zwei Drittel gesenkt werden und ab 2030 zum vollständigen Erliegen kommen. Dies gab der niederländische Wirtschaftsminister, Eric Wiebes, am vergangenen Donnerstag bekannt, wie Bloomberg berichtet. Energieversorger befürchten Energieengpässe in der kalten Jahreszeit. Die niederländische Regierung plant für diese Fälle das Anlegen eines Energiespeichers.

Bereits im Februar hatte die niederländische Behörde für Bergbausicherheit die Regierung mit Hinweis auf einzuhaltende Sicherheitsstandards aufgefordert, die Erdgasförderung in Groningen zurückzufahren. In der Vergangenheit war es immer wieder bei Erdbeben zu Sicherheitsrisiken im Gasfördergebiet durch Risse und Hohlräume in Gesteins- und Erdschichten gekommen. Gebildet werden diese durch bei der Gasförderung freigesetzte Gase.

Im Jahr 2014 hatte die niederländische Regierung die jährliche Fördermenge auf 21,6 Milliarden Kubikmeter begrenzt. Diese Menge entspricht rund fünf Prozent des gesamten Gasbedarfs der EU. Wie Wirtschaftsminister Wiebes nun bekanntgab, soll die Gasförderung bis Oktober 2022 auf 12 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zurückgefahren werden. Anschließend soll sie sich in einem 12-Monatszeitraum auf 7,5 Milliarden Kubikmeter reduzieren und im Jahr 2030 ganz gestoppt werden.

Betrieben wird das Erdgasfeld von der niederländischen Gasunie. Diese befürchtet durch die Reduzierung das vermehrte Auftreten von Energieengpässen.  Um die Versorgungssicherheit garantieren zu können, ist das Vorhalten einer jährlichen Fördermenge von mindestens 14 Milliarden Kubikmetern notwendig, in besonders kalten Winter steigt der Erdgasbedarf auf 27 Milliarden Kubikmeter.

Das Groninger Gasfeld das größte Erdgasfeld in Europa. Von der Schließung des Groninger Erdgasfeldes sind nicht nur mehrere Millionen Haushalte in den Niederlanden, Deutschland, Belgien und Frankreich betroffen. Gleichzeitig bildet die Erdgasförderung auch eine Einnahmequelle für den niederländischen Staat. Im vergangenen Jahr erzielte das Land Einnahmen von rund 2 Milliarden Euro.

Um künftig nicht gänzlich vom Gasgeschäft abgeschnitten zu sein, gab die Regierung bekannt, stärker ins Flüssiggasgeschäft einsteigen zu wollen. So soll in den kommenden drei Jahren eine Gasspeicher- und Transformationsanlage zum Bauwert von 500 Millionen Euro errichtet werden, in dem aus Europa angekauftes Flüssiggas in Treibstoff umgewandelt werden kann. Aufgrund der sinkenden Groninger Fördermenge erwarten Ökonomen eine deutliche Belebung des Flüssiggasgeschäfts. Bezogen werden könnte das unter anderem aus Polen, welches in diesem Bereich eine Position als Energiedrehkreuz anstrebt. Bereits im vergangenen Jahr hat das Land mit den USA einen Gasliefervertrag geschlossen und in Swinemünde an der Ostsee ein Flüssiggasterminal errichtet.

Für die momentanen Bezieher des Groninger Erdgases bedeutet das Ende der Förderung ein Ausweichen auf eine alternative Energieversorgung. Seit 2011 sind Frankreich, Deutschland, Belgien und die Niederlande an das Versorgungsnetz der russischen Nord Stream-Pipeline angeschlossen. Betrieben wird die Ostsee-Pipeline von der Nord Stream AG. Anteilseigner sind die russische Gazprom, die deutsche Wintershall und Eon sowie die niederländische Gasunie und die deutsche Engie, die mit ihrer belgischen Tochtergesellschaft Engie Electrabel in den Benelux-Staaten vertreten ist. Einen weiteren direkten Erdgaszugang erhält Deutschland ab 2019 mit der Inbetriebnahme der russischen Pipeline Nord Stream 2. Die Genehmigung zum Bau der 1.200 Kilometer langen Unterwasserleitung in der Ostsee haben die deutschen Behörden in der vergangenen Woche erteilt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...