Das schwimmende Atomkraftwerk „Akademik Lomonossow“ hat den Hafen von St. Petersburg verlassen. Das meldet der Online-Dienst „Golem“. Schlepper ziehen das AKW durch Ostsee, Nordsee sowie Europäisches Nordmeer zum Marinehafen Murmansk. Dort sollen die zwei Reaktoren des Kraftwerks mit nuklearem Brennstoff ausgestattet werden. Nächstes Jahr soll die „Akademik Lomonossow“ ihre Reise in den rund 5000 Kilometer entfernten Hafen von Pewek (4000 Einwohner) im Nordosten Sibiriens fortsetzen. Dort soll sie den Ort, dessen Hafen und mehrere russische Außenposten sowie Bohrinseln im Arktischen Ozean mit Energie versorgen. An Bord ist auch ein Zwischenlager für atomaren Abfall. Dort können ausgediente Brennelemente bis zu zwölf Jahre gelagert werden.
Die Bauzeit für das weltweit einzige schwimmende Atomkraftwerk betrug elf Jahre. Es steht auf einem knapp 150 Meter langen und 30 Meter breiten Ponton und verfügt über zwei Reaktoren, die zusammen 30 Megawatt Strom erzeugen können. Dafür nutzen sie vergleichsweise niedrig angereichertes Uran. Für den Fall eines Unfalls existiert ein Sicherheitskonzept, das die Freisetzung von radioaktiven Partikeln verhindern soll. Das Konzept soll auch bei einer möglichen Kernschmelze funktionieren. Zur Prüfung des Konzepts wurden mehrere Unfall-Szenarien, unter anderem Erdbeben, simuliert. Das verlängerte die Inbetriebnahme um acht Jahre. Das Konzept wurde von der staatlichen „Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit“ (GRS) mit Standort im bayerischen Garching sowie der „Kanadischen Kommission für nukleare Sicherheit“ inspiziert und abgesegnet. Kritik kommt von der Umweltschutz-Organisation Greenpeace, die die „Akademik Lomonossow“ ein „schwimmendes Tschernobyl“ nennt. Weil der Meiler des AKWs nicht – wie bei Kernkraftwerken an Land üblich – von einer Betonhülle, sondern einem viel schwächeren Stahlmantel geschützt ist, könne das AKW höchstens einem Hubschrauberabsturz, aber nicht dem Absturz eines Flugzeugs standhalten.
Für den Einsatz der „Akademik Lomonossow“ hat Russland auch strategische Gründe. In der Arktis befinden sich große Öl- und Gasvorkommen. Um deren Ausbeutung wetteifern verschiedene Staaten, allen voran Russland und die USA.
Laut Greenpeace erwägt Russland, in Zukunft schwimmende AKWs in Serienproduktion zu bauen. Es habe bereits Gespräche mit Algerien, Indonesien, Malaysia und Argentinien gegeben. Auch China arbeitet derzeit an einem schwimmenden AKW. Es soll auf den Spratly-Inseln militärische Anlagen und Flughäfen mit Strom versorgen. Das Archipel im Südchinesischen Meer wird von sechs Staaten (China, Taiwan, Vietnam, Malaysia, Philippinen, Brunei) als ihr Territorium beansprucht. Seine Bedeutung beruht auf den großen Erz- und Erdöl-Vorkommen, die sich im Einzugsgebiet der Inseln befinden.
Die „Akademik Lomonossow“ ist nicht das erste schwimmende Atomkraftwerk. Das war die „Sturgis“ der US-Marine, die im Panama-Kanal für militärische und zivile Zwecke Strom erzeugte. 1976 wurde sie nach achtjähriger Betriebsdauer stillgelegt, weil die Stromerzeugung von da an an Land erfolgte.
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