Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die Iran-Sanktionen zu aktivieren und damit faktisch europäischen Unternehmen Geschäfte mit dem Iran zu verbieten, hat zu hektischen Überlegungen in der EU geführt, wie der wichtige iranische Absatzmarkt gerettet werden kann. Die EU erwägt laut Financial Times erstmals, sich von der Weltwährung des US-Dollar zu verabschieden, um europäischen Unternehmen den gefahrlosen Handel mit dem Iran zu ermöglichen. Eine entsprechende politische Unterstützung ist für die Unternehmen unverzichtbar. Kein Manager dürfte es wagen, mit dem Iran Geschäfte in Dollar abzuwickeln, weil dies automatisch die US-Strafverfolgungsbehörden auf den Plan rufen würde. Sobald ein Geschäft nämlich in Dollar abgewickelt wird, kann das FBI weltweit tätig werden und Razzien, Kontensperrungen und strafrechtliche Maßnahmen einleiten. Zuletzt hatte Siemens dies zu spüren bekommen, das wegen Geschäften mit Iran zu Millionen-Strafen verdonnert wurde. Auch die französischen und Schweizer Banken haben mit der vollen Härte der US-Behörden Bekanntschaft gemacht.
Die FT schreibt: "Europäische Beamte prüfen Möglichkeiten, die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran zu sichern und eine Alternative zur US-Dollar-Finanzierung von Deals zu bieten. Sie könnten die Europäische Investitionsbank oder bilaterale staatliche Kreditlinien mit Teheran anzapfen, wie sie die italienische Regierung eingerichtet hat. Sie prüfen auch Möglichkeiten einer Gesetzgebung, die die Wirkung von US-Sanktionen blockieren würden, eine aggressivere Reaktion."
Der Rückzug der USA "wird erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten verursachen, aber über diese wirtschaftlichen Probleme hinaus stellt sich die prinzipielle Frage von extraterritorialen Sanktionen", sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire Radio France Culture.
Offiziell will die EU Ausnahmen von den Sanktionen erreichen, wie EU-Präsident Jean-Claude Juncker sagte. Wie man allerdings beim Thema Strafzölle gesehen hat, ist dieser Ansatz wenig aussichtsreich, weil die Amerikaner Ausnahmen nur in Form eines Deals gewähren wollen, bei denen die US-Wirtschaft Erleichterungen in Europa erhält.
Der Economist analysiert, dass Trumps Gamble riskant sei: Er gehe davon aus, dass die Europäer geblufft hätten und er in der Lage sein werde, einen für die USA vorteilhafteren Deal zu verhandeln. Sollte sich dieser Bluff als Irrtum erweisen, könne es zu einem echten Handelskrieg zwischen den USA und der EU kommen.
Russland will noch einen Schritt weitergehen: Russlands Präsident Wladimir Putin sagte am Mittwoch vor der Staatsduma in Moskau laut Ria Novosti, die Wirtschaft Russlands sollte vom US-Dollar unabhängig gemacht werden. Putin: „Das ist das Prinzip der ökonomischen Souveränität...Wir waren früher naiv gewesen. Aber jetzt ist klar, dass Regeln der WTO überall verletzt und Einschränkungen aus politischen Erwägungen heraus eingeführt werden, die man Sanktionen nennt.“ Dabei würden immer neue Sanktionen beschlossen, um sich selbst Konkurrenzvorteile zu verschaffen, sagte Putin.“ Putin schlug auch den direkten Abschied vom Petro-Dollar vor: „Russland sollte diese Bürde loswerden, weil das Dollar-Monopol unzuverlässig und gefährlich ist.“ Russland und China hatten in den vergangenen Monaten beschlossen, den gegenseitigen Öl-Handel nicht mehr in Dollar abwickeln zu wollen.
Folker Hellmeyer von Solvecon analysiert das grundsätzliche Problem:
"Für die Globalisierung und den damit erzielten Wohlstandsgewinn vor allen Dingen in den Entwicklungsländern und aufstrebenden Ländern (aber auch in Deutschland und Europa!), waren multilaterale Strukturen, wie beispielsweise die Welthandelsorganisation WTO, von tragender Bedeutung.
Welches Land stellt diese elementaren Grundlagen durch eine egozentrische Handelspolitik und damit das Wohl der Weltwirtschaft und Märkte in Frage?
Internationale Rechtsstrukturen sind von tragender Bedeutung, um gemeinschaftlich in der Welt gesetzten Normen bei Nichtbeachtung Konsequenzen folgen zu lassen.
Welches Land, das sich auf dem Papier westlichen Werten zuordnet, verweigert sich gegenüber diesen Rechtsstrukturen (Internationaler Gerichtshof in Den Haag, Internationaler Seegerichtshof in Hamburg)?
Welches Land bricht Verträge, wenn sie seiner Interessenlage nicht mehr entsprechen?
Was heißt das für die Gegenparteien dieser Verträge? Immer wenn die Verträge diese Gegenparteien absichern oder zu ihren Gunsten ausfallen, sind sie obsolet? Ein solcher Ansatz impliziert nicht nur, sondern er definiert einen Unterordnungsprozess, der mit dem Begriff Vertragswesen auch nicht nur in zartesten Ansätzen vereinbar ist und im Widerspruch zu allen westlichen Werten steht, denn die basieren allesamt auf Rechtsstaatlichkeit! Ohne Rechtsstaatlichkeit gibt es keine Demokratie und freiheitlichen Systeme!
Implizit inkludiert das US- Vertragsverständnis damit ultimativ einen totalitären Anspruch und steht im Widerspruch zu den westlichen Werten, die übrigens im Sektor der US-Regime-Change-Politik gerne gebraucht oder missbraucht werden?"