Finanzen

US-Zinswende könnte globale Schuldenkrise auslösen

Die geldpolitische Wende in den USA könnte eine Schuldenkrise in zahlreichen Ländern auf verschiedenen Kontinenten auslösen.
18.05.2018 17:07
Lesezeit: 2 min

Die geldpolitische Straffungsstrategie der US-Zentralbank Federal Reserve hat das Potential, Schuldenkrisen in zahlreichen Ländern auf der Welt auszulösen. Viele dieser Staaten hatten sich in den vergangenen Jahren hoch in Dollar verschuldet und sind demnach direkt von der Anhebung des Zinsniveaus in den USA betroffen. Zudem sind einige von ihnen auf fortgesetzte Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen, um ihre Volkswirtschaften zu stützen.

Jüngst hatte die US-Ratingagentur Fitch in einem Bericht geschrieben, dass sich die Schulden der sogenannten Schwellenländer seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 von etwa 5 Billionen Dollar auf aktuell rund 19 Billionen Dollar fast vervierfacht hätten, berichtet Bloomberg.

Fitch identifiziert drei große Risiken für Schwellenländer, die hoch verschuldet sind und vom Kapitalzufluss aus dem Ausland abhängig sind. Alle drei Aspekte hängen direkt oder indirekt mit der geldpolitischen Normalisierung der Federal Reserve zusammen: Höhere Finanzierungskosten in Dollar, ein stärkerer Dollar sowie ein Rückgang der Kapitalinvestitionen.

Höhere Finanzierungskosten für Dollar-Schulden sind eine Folge der Anhebung des Zinsniveaus in den USA, welches durch die Leitzins-Anhebungen der vergangenen Jahre ausgelöst wurde. Auch ein stärkerer Dollar und ein möglicher Rückgang der Kapitalzuflüsse in Schwellenländer sind Resultate des höheren Zinsniveaus, weil sich Investitionen im Dollar-Raum bei steigenden Leitzinsen wieder mehr lohnen und Anleger ihre Positionen entsprechend umschichten.

„Wenn die derzeit noch vergleichsweise laxen Finanzkonditionen schneller als erwartet verschärft werden, dann geraten Schuldner in den Schwellenländern unter Druck. Wenn der Risiko-Appetit von Investoren hinsichtlich der Schwellenländer zurückgeht, dann bekommen diese Probleme bei der Refinanzierung, sogar in ihren eigenen Heimat-Märkten, während eine Kapitalflucht die Wechselkurse der Währungen belasten und die Devisenreserven verringern könnte“, wird eine Analystin von Fitch zitiert.

Als die gefährdetsten großen Schwellenländer stuft Fitch derzeit die Ukraine, die Türkei und Argentinien ein. Argentinien musste vor wenigen Tagen Kredite des Internationalen Währungsfonds annehmen, weil sich seine Währung Peso gegenüber dem Dollar massiv entwertete. Die Türkei ist ebenfalls mit einer massiven Abwertung ihrer Landeswährung Lira gegenüber Dollar und Euro konfrontiert und zudem sehr von ausländischem Investitionskapital abhängig.

Ebenfalls unter Beobachtung von Fitch stehen derzeit die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Kasachstan und Peru, weil sie ebenfalls in hohem Maße in Fremdwährung verschuldet sind.

Der Euro ist am Freitag unter Druck geraten und unter die Marke von 1,18 US-Dollar gefallen. Gegen Mittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,1780 Dollar, nachdem sie zuvor bis zu 1,1822 Dollar gekostet hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstagnachmittag auf 1,1805 Dollar festgesetzt.

Neben dem Euro standen am Freitag auch wieder zahlreiche Währungen aus Schwellenländern unter Druck. Am deutlichsten verloren bis zum Mittag die indische Rupie, die indonesische Rupiah, der südafrikanische Rand und die türkische Lira. Verantwortlich dafür sind steigende Kapitalmarktzinsen in den USA, die Anlagen in Dollar lukrativer werden lassen und zu einem Kapitalabzug andernorts führen. Einige Zentralbanken wie in Indonesien stemmen sich bereits mit Zinsanhebungen gegen den Kapitalabzug, von anderen Zentralbanken wie in Indien werden ähnliche Schritte erwartet.

Die derzeitige Situation erinnert an die Ausgangslage, aus der sich im Jahr 1997 die sogenannte Asienkrise entwickelte. Diese begann in der Form verschiedener Währungskrisen einiger Staaten in Ostasien und endete mit dem Zahlungsausfall Russlands sowie dem Kollaps des Hedgefonds LTCM im Jahr 1998, welcher fast eine globale Finanzkrise ausgelöst hätte.

Auslöser der Asienkrise war die Abkopplung des thailändischen Baht vom Dollar, woraufhin auch Indonesien und Malaysia ihre Währungen vom Dollar abkoppeln mussten. Auch Südkorea und die Philippinen gerieten daraufhin unter Druck.

Entscheidend ist, dass viele Schwellenländer damals wie heute auf den Zustrom von Dollar-Kapital aus dem Ausland angewiesen sind. „Während die fünf am stärksten betroffenen Staaten 1996 noch einen privaten Netto-Kapitalzustrom in Höhe von rund 93 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen hatten, flossen 1997 in Summe rund 12 Milliarden US-Dollar ab. Da die von der Krise betroffenen Staaten in hohem Maße von den privaten ausländischen Investoren abhängig waren, hatte der Vertrauensverlust weitreichende Folgen. Es entstand ein Teufelskreis aus Währungsabwertungen, Zahlungsengpässen in der Wirtschaft und auf staatlicher Ebene sowie weiterem Kapitalabfluss aus der Region“, schreibt gevestor.de.

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