Finanzen

Amateur-Trader macht aus 20.000 Euro fünf Milliarden

Lesezeit: 2 min
25.06.2018 17:29
Ein technischer Fehler im System hat einem Amateur-Händler eine beachtliche Gewinn-Marge beschert.
Amateur-Trader macht aus 20.000 Euro fünf Milliarden

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Sicherheitsnetze für den Wertpapierhandel in Europa weisen offenbar immer noch Lücken auf. So gelang es einem Amateur-Händler in Frankreich im vergangenen Jahr laut Reuters, innerhalb nur eines Tages eine spekulative Position in Aktienfutures im Wert von umgerechnet mehr als fünf Milliarden Euro aufzubauen. Dies zeigen Handelsaufzeichnungen, die die Nachrichtenagentur Reuters einsah. Der Fall ist umso erstaunlicher, da sich auf seinem Handelskonto lediglich 20.000 Euro befanden.

Derartige Fälle sollten eigentlich nicht mehr möglich sein. Denn nach massiven Fehlspekulationen wie die des Investmentbankers Jerome Kerviel vor zehn Jahren, durch die sein früherer Arbeitgeber Societe Generale rund 4,9 Milliarden Euro verlor, waren die Sicherheitsvorschriften und -kontrollen für den Wertpapierhandel bei Finanzfirmen verschärft worden. Der Aufbau hochspekulativer Milliardenpositionen durch einzelne Händler sollte so verhindert werden.

Doch der 41-jährige Harouna Traore schaffte es im vergangenen Jahr am 29. Juni, 43.941 Futures-Kontrakte auf den US-Index S&P 500 im Wert von umgerechnet 4,5 Milliarden Euro zu erwerben. Dazu kamen 34.388 Futures auf den europäischen Aktienindex Eurostoxx 50 im Wert von weiteren rund 1,2 Milliarden Euro. Traore, der laut seinem LinkedIn-Profil von 2013 bis 2017 für den Nachrichten- und Datenanbieter Thomson Reuters arbeitete, nutzte dabei eine Plattform des Londoner Brokers Valbury Capital. Traore ist kein Handelsprofi: Er hatte damals gerade wenige Wochen lang auf dem System geübt.

Traore bestätigte die Wertpapier-Transaktionen. Die Geschäfte seien aber das Ergebnis eines Fehlers gewesen. Er sei anfangs der Auffassung gewesen, nur eine Übungsplattform zu nutzen, auf der keine Handelsobergrenzen bestünden. Erst dann habe er realisiert, dass es sich um echte Geschäfte handle, als seine Verluste sich auf eine Million Euro aufgetürmt hätten. "Ich dachte, das ist das Ende meines Lebens. Ich dachte daran, wie werde ich das alles zurückzahlen?", so Traore Er habe dann aber beschlossen zu versuchen, durch weiteres Handelsgeschäfte in die Gewinnzone zu gelangen. Dies sei ihm geglückt.

Traore hat inzwischen Valbury Capital verklagt. Der Grund: Er wirft dem Broker vor, ihm umgerechnet 9,4 Millionen Euro an Gewinnen aus diesen Wertpapiergeschäften vorzuenthalten. Valbury Capital leitet Anfragen zu dem Fall an die Kanzlei Reed Smith weiter, die die Firma vertritt. Laut deren Partner Robert Falkner gab es sehr wohl ein Limit auf dem Handelskonto von Traore. Laut einer e-mail von Valbury Capital an Traore, die Reuters einsah, besaß das 20.000-Euro-Konto ein Handelslimit von lediglich zehn Futures-Kontrakten pro Tag. Die britische Finanzmarktaufsicht FCA und die französische Aufsichtsbehörde AMF lehnten eine Stellungnahme ab.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...