Das Verwaltungsgericht Stuttgart drängt das Land Baden-Württemberg zur Vorbereitung eines weitreichenden Diesel-Fahrverbots in der Landeshauptstadt ab 2019. Das Gericht werde das Land anweisen, bis 15. Juli einen Plan mit Fahrverboten einschließlich Fahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 vorzulegen, erklärte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts am Freitag. "In den Planentwurf müssen die Fahrverbote für Euro 3 und 4 ab Januar und für Euro 5 ab September aufgenommen werden", erklärte sie laut Reuters. Die Landesregierung teilte kürzlich mit, Fahrverbote für Euro 4 und ältere Diesel ab Januar einzuführen, sie für die noch in größerer Zahl herumfahrenden Euro-5-Pkw aber vermeiden und die Luft durch alternative Maßnahmen verbessern zu wollen.
Hintergrund ist der Rechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Land Baden-Württemberg über Diesel-Fahrverbote, mit denen die zu hohe Stickoxid-Belastung in Stuttgart bekämpft werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar entschieden, dass Fahrverbote für Selbstzünder grundsätzlich möglich sind, aber verhältnismäßig sein müssen. Jetzt geht es darum, nach diesen Vorgaben das vorangegangene Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zu einem flächendeckenden Diesel-Fahrverbot mit einem aktualisierten Luftreinhalteplan für Stuttgart durchzusetzen. Die grün-schwarze Regierung arbeitet bereits daran. Die Umweltlobby drängt zur Eile und beantragte deshalb ein Vollstreckungsverfahren, bei dem im Fall von ausbleibender Umsetzung auch Zwangsgeld verhängt werden könnte.
Das Verwaltungsgericht hatte am Donnerstag hinter verschlossenen Türen darüber verhandelt. Richter Wolfgang Kern habe sich wegen der Verzögerungstaktik des Landes bei der Luftreinhaltung massiv verärgert gezeigt und mit Zwangshaft für Politiker oder Behördenleiter gedroht, erklärte die DUH. Die Gerichtssprecherin erklärte, zum Inhalt des Gerichtstermins könne sie nichts sagen.
Hamburg hatte nach dem höchstrichterlichen Urteil als erste Großstadt Diesel-Fahrverbote auf zwei Strecken eingeführt. Auf Klagen der DUH hin ist auch die Stadt Aachen dazu gezwungen. Der Umweltverband, der auf Klagen zur Durchsetzung von Umwelt- und Verbraucherschutz spezialisiert ist, hat insgesamt in 27 Städten Verfahren angestoßen - darunter auch in Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt und München. Die drohenden Fahrverbote haben den Absatzrückgang von Diesel-Pkw, die wegen des Abgasschummels beim VW-Konzern und mittlerweile auch Daimler unbeliebt werden, in Deutschland beschleunigt.
Im Unterschied zu den anderen Städten ist in Stuttgart wegen der Lage im Talkessel eine Fahrverbotszone notwendig, damit die seit 2010 geltenden Grenzwerte für NOx eingehalten werden können. Die Landesregierung erklärte kürzlich, die Luftbelastung sinke kontinuierlich. Um Fahrverbote zu vermeiden, sollten zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinigung getestet, der öffentliche Nahverkehr attraktiver und der Verkehr besser gesteuert werden. "Sofern im Jahr 2019 die Einhaltung der Grenzwerte trotz der ergriffenen Maßnahmen nicht absehbar ist, werden wir prüfen, ob, wann und in welcher Form weitere Maßnahmen erforderlich sind", hieß es.