Politik

Thyssenkrupp stimmt Fusion mit Tata Steel zu

Thyssenkrupp will seine Stahl-Sparte mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel fusionieren.
30.06.2018 02:11
Lesezeit: 1 min

Nach über zweijährigen Bemühungen versucht der unter Druck geratene Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger mit der Abspaltung der Stahlsparte einen Befreiungsschlag. Der Aufsichtsrat des Essener Konzerns habe dem Joint Venture von Thyssenkrupp Steel Europe mit dem Konkurrenten Tata Steel zugestimmt, teilte der Konzern am Freitagabend mit. Damit könne die Vereinbarung mit Tata in Kürze besiegelt werden. Durch das Bündnis soll der zweitgrößte Stahlkonzern Europas nach ArcelorMittal entstehen.

Der Deal ist der größte in der europäischen Branche seit der Übernahme von Arcelor durch Mittal vor über zehn Jahren. Hiesinger will damit das konjunkturanfällige Geschäft breiter aufstellen und Spielraum für den Ausbau der Technologiegeschäfte gewinnen.

Die Prüfung der Bücher habe ergeben, dass das Joint Venture jährliche Synergien von 400 bis 500 Millionen Euro erzielen könne, erklärte Thyssenkrupp. Zuvor waren allerdings bis zu 600 Millionen Euro erwartet worden. Die Stimmrechte sollen bei 50:50 liegen, wodurch Thyssenkrupp das Stahlgeschäft entkonsolidieren kann.

Aus einem möglichen späteren Börsengang solle Thyssenkrupp aber ein höherer Anteil zufließen, der einer Beteiligung von 55/45 entspreche. Dieser Teil der Vereinbarung soll offenbar dazu dienen, die Bewertungslücke zu schließen, die durch die zuletzt unterschiedliche Geschäftsentwicklung entstanden war. Bei Thyssen lief es zuletzt rund, während Tata schwächelte.

Nach dem langen Streit um das Joint Venture mahnten die Arbeitnehmervertreter den Vorstand zu mehr Offenheit an. "Wir mussten uns nicht nur einen Tarifvertrag kämpfen, wir mussten auch immer wieder um ökonomische Vernunft streiten", kritisiere Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath. "Das ist erstaunlich. Was tun eigentlich die, denen die Unternehmen gehören und die die sie führen? Nicht genug, das will ich hier mal deutlich sagen." Der IG Metall-Sekretär und Vizechef des Aufsichtsrats, Markus Grolms, betonte, dass durch die Kritik und die Forderungen der Arbeitnehmervertreter gravierende Verbesserungen erzielt worden seien, um die Risiken zu beherrschen. "Die Haftung für gravierende Risiken, wie etwa die Umweltrisiken in UK ,verbleiben bei Tata. Die niederländische Gesellschaft wird am Cash Pooling teilnehmen. Das war uns enorm wichtig."

Hiesinger steht auch unter dem Druck von Investoren wie dem Großaktionär und schwedischen Finanzinvestor Cevian und dem neu eingestiegenen US-Hedgefonds Elliott. Sie fordern, dass der Konzern mit knapp 160.000 Beschäftigten alle Geschäfte auf den Prüfstand stellt und jeweils zum Klassenbesten aufsteigt. Thyssenkrupp müsse sich ehrgeizigere Ziele setzen und höhere Renditen einfahren. Hiesinger hat versprochen, schon bald nach einer Vereinbarung mit Tata eine neue Strategie vorzustellen. Mit dem Joint Venture will er auch die Bilanz des Konzerns aufpolieren, kann er doch Schulden in Milliardenhöhe abwälzen. Dadurch will er Spielraum für den Ausbau der Technologie-Geschäfte wie Aufzüge, Anlagen und Autoteile erhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...