Daimler und der chinesische Technologie-Riese Baidu haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, der zufolge sie gemeinsame Projekte in den Bereichen intelligente Fahrzeugvernetzung sowie autonome Mobilität verstärken wollen. Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach von einem „Meilenstein“. Baidu, das nach Google zweitgrößte Suchmaschinen-Unternehmen der Welt, arbeitet schon seit längerem an einem Betriebssystem fürs autonome Fahren.
Bei der intelligenten Fahrzeugvernetzung geht es primär um die Integration von Baidus Konnektivitäts-Services in Mercedes-Benz´ MBUX-Infotainmentsystem, mit dem zunächst die neue A-Klasse von Mercedes ausgestattet werden soll. Dafür wird eine Reihe von Features speziell auf den chinesischen Markt zugeschnitten. Zu diesem Zweck soll ein gemeinsames Projekt gestartet werden, zu dem Daimler derzeit noch keine näheren Angaben machen will, wie eine Unternehmens-Sprecherin den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sagte. Im Bereich Fahrzeugvernetzung arbeiten der Stuttgarter Autobauer und Baidu bereits seit 2013 zusammen. Damals begannen die beiden Konzerne mit der gemeinsamen Entwicklung von Ziel- und Sonderziel-Suchen in Navigationssystemen. 2014 war Mercedes der erste Premium-Hersteller, der Baidus Panorama-Karten-Funktion in seine Fahrzeuge integrierte. 2016 führte Mercedes die Fahrzeug-Smartphone-Integrationslösung „Baidu CarLife“ für in China verkaufte Modelle ein.
Im Hinblick auf die Kooperation beim autonomen Fahren wollen die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit auf Baidus offener Apollo-Plattform verstärken, der Daimler kurz nach ihrer Gründung im Jahr 2017 beitrat, und dessen Ausschuss das Stuttgarter Unternehmen angehört. Insgesamt gehören der Plattform rund 100 Unternehmen an, unter anderem Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen; ihr Zweck ist die Entwicklung von neuen Konzepten der autonomen Mobilität. Darüber hinaus führt Daimler derzeit mit zwei vollständig autonomen Exemplaren der Kleinbus-Fahrzeugreihe Mercedes-Benz V-Klasse Testfahrten auf öffentlichen Straßen in Peking durch. Die Fahrzeuge sind mit einem Sensoren-Set ausgestattet, zu dem GSP, Lidar (eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung), Radar und Kameras gehören, wobei die Sensoren die Umgebung erfassen und anschließend die dabei gewonnenen Daten interpretieren. Daimler war der erste ausländische Autobauer, dem die chinesischen Behörden die für solche Testfahrten notwendige Erlaubnis erteilten.
Daimlers China-Chef Hubertus Troska spricht von „vielen Besonderheiten, die den chinesischen Markt einmalig machen“. Ein Daimler-Sprecher sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Die Rahmenbedingungen im Straßenverkehr in China sind viel komplexer als beispielsweise in Deutschland oder den USA. Die Verkehrsdichte ist höher, die Abstände zwischen voraus- oder nebenherfahrenden Fahrzeugen geringer, und auch das Verhalten beim Spurwechsel oder Abbiegen unterscheidet sich. Es gibt teilweise andere Regeln und Gesetze im Straßenverkehr, insgesamt läuft der Verkehrsfluss ´intuitiver´ ab als in westlichen Ländern. Zudem ist auf die Besonderheit zahlreicher sogenannter ´vulnerable road user´ (VRU, also ungeschützte Verkehrsteilnehmer auf Fahrrädern, Rollern und Mopeds) einzugehen, die auch Teilnehmer im tagtäglichen Straßenverkehr sind.“ All diese speziellen Anforderungen gelte es zu analysieren und in den Systemen abzubilden. Daimler-Sprecherin Katharina Becker sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten in diesem Zusammenhang, dass der Fokus der Tests wie überhaupt der Zusammenarbeit mit Baidu primär der chinesische Markt sei. „Aber die Erkenntnisse fließen auch in unsere weltweite Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit ein.“
China ist seit mittlerweile zehn Jahren – 2009 überholte das Reich der Mitte erstmals die USA – der größte Automarkt der Welt. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden dort 13,1 Millionen Neuwagen verkauft. In den USA waren es 9,9 Millionen, in West Europa 9,1 Millionen, in Deutschland 2,16 Millionen. Auch für Daimler ist China der größte Markt – 2017 verkauften die Stuttgarter im Reich der Mitte 587.00 Fahrzeuge, was einem Anteil von fast 25 Prozent am gesamten weltweiten Verkauf des Konzerns entspricht. Der China-Markt ist für den Konzern auch derjenige, der am schnellsten wächst – 2015 betrug das Wachstum circa 32 Prozent, 2016 26 Prozent und 2017 25 Prozent. In absoluten Zahlen waren es 2015 92.000 Fahrzeuge, 2016 99.000 Fahrzeuge und 2017 115.000 Fahrzeuge.
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