Politik

Unicredit-Chef: Deutschland hat ein Banken-Problem

Deutschland fehlt nach Ansicht des französischen Unicredit-Chefs eine Bank, die den Mittelstand wirksam finanzieren kann.
18.09.2018 13:16
Lesezeit: 2 min

Der Chef der italienischen Großbank Unicredit, der französische Top-Banker Jean-Pierre Mustier, forderte auf einer Finanzkonferenz in Paris laut Reuters starke europäische Banken. "Europa wird erfolgreich sein, wenn wir größere Banken haben, die effizienter sind." Speziell in Deutschland bestehe seiner Ansicht nach das Problem, dass es keine Banken gebe, die groß und stark genug seien, um den Bedarf des Marktes zu erfüllen. "Die größte Volkswirtschaft in Europa hat keine Banken, die in der Lage sind, deren klein- und mittelständische Firmen zu unterstützen, das ist ein Problem. Das ist nicht nur ein deutsches Problem, (...) das ist ein europäisches Problem."

Was sein eigenes Haus angeht, gab sich Mustier bezüglich einer möglichen Fusion mit einem europäischen Partner eher zurückhaltend. "Ich möchte betonen, dass die Unicredit einen Umbauplan hat, der ausschließlich auf organischen Annahmen basiert. Das Management der Unicredit ist zu 100 Prozent auf die organische Entwicklung (der Bank) fokussiert." Mustier trat damit widerkehrenden Spekulationen entgegen, der wolle die größte italienische Bank mit einem anderen Haus, womöglich der französischen Großbank Societe Generale fusionieren.

Nach Ansicht von Goldman Sachs Deutschlandchef Wolfgang Fink ist es für die Schaffung großer europäischer Banken notwendig, auch andere Rahmenbedingungen zu verändern. "Wichtiger als eine gemeinsame Einlagensicherung wäre etwa eine einheitliche Konkursregelung für Unternehmen und Privatpersonen", sagte Fink in Frankfurt. Zudem gelte es, die gegenseitige Abhängigkeit von Banken und Regierungen zu durchbrechen, die durch starke Investments von Banken in Staatsanleihen ihrer Heimatstaaten gegeben sei.

Die Deutsche Bank rechnet erst nach Vollendung der europäischen Bankenunion mit grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen in der Branche. "Erst wenn die Bankenunion endgültig steht, wird die Konsolidierung kommen," sagte Christian Sewing, der Chef des größten deutschen Geldhauses, am Dienstag in Mailand laut Reuters. "Die Bankenunion ist dafür eine Vorbedingung." Unter der europäischen Bankenunion wird ein gemeinsamer Mechanismus für die Aufsicht und Abwicklung von Banken in der EU verstanden, inklusive einer gemeinsamen Einlagensicherung. Gerade dieser Punkt ist jedoch heftig umstritten, vor allem in Deutschland. Eine gemeinsame Aufsicht über die Großbanken gibt es hingegen seit 2014 unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB).

In Europa und damit auch in Deutschland wird seit Jahren mit dem Beginn einer großen Konsolidierungswelle gerechnet, auch über die nationalen Grenzen hinweg. Ob und was für eine Rolle dabei die Deutsche Bank spielen könnte, ist seit langer Zeit ein Gegenstand von Spekulationen. Derzeit wahrscheinlicher als ein Zusammengehen mit einem ausländischen Institut scheint laut Medienberichten ein Zusammengehen von Deutscher Bank und Commerzbank. Allerdings sind beide Geldhäuser derzeit noch stark mit sich selbst beschäftigt und versuchen auch zehn Jahre nach der Finanzkrise zu alter Stärke zurückzufinden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...