Politik

Ökonom: EU kann US-Sanktionen gegen den Iran nicht umgehen

Lesezeit: 2 min
01.11.2018 22:07
Die EU hat nach Ansicht von Ökonomen wenig Aussichten, trotz der US-Sanktionen Geschäfte mit dem Iran zu machen.

Die EU-Kommission will ein Special Purpose Vehicle (SPV) einrichten, um die iranischen Import- und Exportzahlungen abzuwickeln, sobald Washington am 5. November gegen die Notenbank und die Ölindustrie des Iran vorgeht. Doch hochrangige EU-Diplomaten sagten den Financial Times unter der Bedingung der Anonymität, dass zahlreiche EU-Staaten diesen Vorstoß nicht mittragen wollen, weil sie Angst vor den Reaktionen der US-Regierung haben. "Keine EU-Regierung will die USA mit dem SPV verärgern", so ein EU-Diplomat.

Der Leiter der Kapitalmarktanalyseabteilung der Baader Bank, Robert Halver, sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Das SPV ist kaum erfolgversprechend. Europäische Unternehmen wissen, dass wenn sie mit dem Iran Handel betreiben, sich Geschäftspotenziale in den USA zerstören, weil sie dort sanktioniert werden. Grundsätzlich bietet der US-Markt auch langfristig deutlich mehr Potenzial als der Iran. Im direkten Vergleich werden sich Europas Unternehmen also immer überwiegend für Amerika entscheiden. Entschädigungszahlungen seitens der EU sind keine Alternative. Außerdem darf man nicht vergessen, dass das jeweilige Unternehmen auch Geschäftspotenziale mit Saudi-Arabien bedroht. Saudi-Arabien ist eben ein Konkurrent des Iran. Insbesondere wegen den lukrativen Mega-Investitionen, die Saudi-Arabien plant, um der Abhängigkeit von Öl zu entkommen, wird man sich im Zweifel immer für Saudi-Arabien entscheiden. EU- und Unternehmenspolitik sind zwei verschiedene paar Schuhe. Während Europa sich gegen Amerika behaupten will, entscheiden sich Unternehmen immer für die Rendite.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, ob der Bericht der Financial Times zutrifft, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission: "Am 24.9.2018 haben die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, gemeinsam mit den Außenministern von Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, China und der Russischen Föderation sowie des Iran in New York über die Umsetzung des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans (JCPOA), des iranischen Atomabkommens, beraten. Bei dem Treffen kündigte Federica Mogherini die Vorarbeiten für eine so genannte ,Zweckgesellschaft' an - d.h. die EU-Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um eine Rechtsperson zu gründen, die legitime Finanztransaktionen mit dem Iran im Zusammenhang mit seinen Ausfuhren (einschließlich Öl) und Einfuhren zu erleichtern, die die Wirtschaftsteilnehmer, die legitime Geschäfte mit dem Iran tätigen, unterstützen und beruhigen wird. Dies würde die Fortführung der Geschäfte europäischer Unternehmen mit dem Iran im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union erleichtern. Die Teilnehmer beschlossen dann die Gründung dieser Zweckgesellschaft. Da die Arbeiten seitens der Mitgliedstaaten im Gange sind, können wir vorerst keine zusätzlichen Details dazu angeben. Es gibt ein weiteres Treffen von technischen Sachverständigen aus einigen Mitgliedstaaten, um diese Arbeit voranzutreiben und die Zweckgesellschaft auf technischer Ebene funktionsfähig zu machen."

Reuters meldet: "Viele Diplomaten und Experten bezweifeln, dass dies (SPV, Anm. d. Red.) funktionieren wird. Sie verweisen darauf, dass die USA nur ihre Sanktionen um Tauschgeschäfte erweitern müssen, um den Handel zu blockieren. Zudem bleibt das Grundproblem, dass Firmen, die mit dem Iran Handel treiben, ihr - meist größeres - Geschäft in den USA verlieren dürften. Aus diesem Grund haben sich große europäische Konzerne wie Airbus, Deutsche Telekom und Peugeot seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen im Mai aus dem Iran zurückgezogen (...) Die EU versucht seit Monaten auf unterschiedlichen Wegen, die einheimischen Firmen vor den Auswirkungen der US-Sanktionen zu schützen. Sie setzt dazu unter anderem auf Zahlungssysteme in Euro statt in Dollar sowie auf ein Gesetz, dass die Einhaltung der US-Sanktionen für EU-Bürger verbietet. Bislang blieb dies jedoch ohne Erfolg. Die europäischen Unternehmen befürchten weiter, dass sie ihr US-Geschäft verlieren, wenn sie mit dem Iran Handel treiben."

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...