Politik

Umfrage Ukraine: Timoschenko liegt vor Poroschenko

Lesezeit: 5 min
16.11.2018 00:21
Einer Umfrage zufolge könnte die ukrainische Politikerin Yulia Timoschenko im kommenden Jahr die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Sie hat bereits US-Lobbyisten angeheuert, um Unterstützung zu bekommen.
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Die ehemalige Premierministerin und Vorsitzende der Batkivshchina-Partei, Yulia Timoschenko, genießt einer gemeinsamen Umfrage des Internationalen Instituts für Soziologie von Kiew (KIIS), des Razumkov-Zentrums und des Rating-Meinungsforschers zufolge den größten Zuspruch bei der Bevölkerung für das Amt des ukrainischen Präsidenten. Die Umfrage wurde unter 10.000 Ukrainern durchgeführt, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS.

„Einundzwanzig Prozent derjenigen, die ihre Wahl getroffen haben und planen, zu wählen, sind bereit, Yulia Timoschenko zu unterstützen. Darauf folgt der Schauspieler Wladimir Zelensky mit elf Prozent, während Pjotr Poroschenko und der Chef der Civil Position-Partei, Anatoly Gritsenko, jeweils zehn Prozent erhalten. Der Co-Vorsitzende des Oppositionsblocks, Yuri Boiko, wird mit neun Prozent und der Chef der Radikalen Partei, Oleg Lyaschko, mit sechs Prozent unterstützt.“

Timoschenko ist die Favoritin in allen Regionen des Landes, außer im Donbass, wo Boiko die Umfragen anführt. „Jeder fünfte Wähler glaubt, dass Timoschenko die nächste Präsidentin werden wird. Dennoch glauben 14 Prozent derjenigen, die an den Wahlen teilnehmen wollen, dass Poroschenko gewinnen wird“, führt KIIS aus.

Sie spricht sich gegen einen Sonderstatus der Donbass-Region aus. Sie ist gegen eine Föderalisierung des Landes, da dies lediglich die Rebellen-Republiken Donezk und Lugansk im Osten des Landes ermutigen würde, sich weiter vom Land zu lösen. Yulia Timoschenko, Vorsitzende der Oppositionspartei Batkivshchyna, kritisiert nach Angaben von bne IntelliNEWS: „Wir brauchen eine neue Verfassung für die Ukraine, die alle Rechte und Freiheiten aller Gemeinschaften in der Ukraine vorsieht, aber die Ukraine als einheitlichen Staat bewahrt, ohne dass jemals ein Föderalismus erlaubt wird.“

Die Bemerkung über den Föderalismus richtete sich an Russland, da sich Moskau für ein föderales Gebilde in der Ukraine einsetzt. Timoschenko plant, einen Fonds für den Aufbau des Donbass einzurichten. „Ich werde eine spezielle Präsidenteninitiative für die Sicherheit und Entwicklung des Donbass vorschlagen, um Arbeitsplätze zu schaffen, die Wirtschaft zu modernisieren und Wohnraum und kritische zivile Infrastruktur wiederherzustellen“, so Timoschenko.

Lugansk und Donezk als Problemgebiete

Die Ukraine hat im Oktober 2014 für drei Jahre ein Gesetz verabschiedet, das bestimmten Gebieten der Regionen Donezk und Lugansk einen Sonderstatus gewährt. Das Dokument ist entscheidend, um eine politische Lösung für den Konflikt in der Ostukraine zu finden.

Am 6. Oktober 2017 hat die Verkhovna Rada (das ukrainische Parlament) ein Gesetz verabschiedet, das den Sonderstatus von Donbass um ein weiteres Jahr verlängert. Kiew hat jedoch das Gesetz geändert, um sicherzustellen, dass es erst in Kraft tritt, nachdem die ukrainischen Behörden die volle Kontrolle über die fraglichen Gebiete erhalten und „alle illegalen bewaffneten Einheiten und militärischen Ausrüstungen“ zurückgezogen werden, so die TASS.

Das Minsker Abkommen verlangt, dass Donezk und Lugansk in der Ostukraine dezentralisiert werden. Das Minsker Abkommen fordert die „Durchführung einer Verfassungsreform in der Ukraine und das Inkrafttreten einer neuen Verfassung bis Ende 2015“. Das Abkommen wörtlich: „[Diese Verfassung muss] als Schlüsselelement einer Dezentralisierung (unter Berücksichtigung der Besonderheiten einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk) aufweisen, die mit den Vertretern dieser Gebiete abgestimmt ist, ebenso die Verabschiedung eines ständigen Gesetzes über den besonderen Status einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk in Entsprechung mit Maßnahmen, die in den Anmerkungen aufgeführt sind, bis zum Ende des Jahres 2015.“

Timoschenkos undurchsichtige Verbindungen in die USA

Timoschenko hatte bereits zu Beginn des aktuellen Jahres mit ihren Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahl 2019 begonnen.

Im März 2018 beauftragte sie Marlen Kruzhkov, einen in New York ansässigen Anwalt, einen Vertrag zwischen Two Paths LLC, eine in Delaware ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und Avenue Strategies Global, zu unterzeichnen. Der Vertrag wurde gemäß dem FARA (Foreign Agent Registration Act) geschlossen, damit Avenue Strategies Global Timoschenko bei ihrem Vorhaben, Präsidentin der Ukraine zu werden, beratend unterstützt. Das geht aus einem offiziellen FARA-Dokument des US-Justizministeriums hervor. Timoschenko wird in dem Dokument als „Foreign Principal“ („Ausländischer Auftraggeber“) benannt. Zu ihrer Person wird ausgeführt: „Yulia Timoschenko ist eine ehemalige Ministerpräsidentin der Ukraine. Sie unterstützt demokratische Reformen, wirtschaftliche Transparenz und Liberalisierung sowie Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine.“

Der Mitgründer von Avenue Strategies Global, der seine Unterschrift unter den Beratungsvertrag setzte, ist Barry Bennett, berichtet The Hill. Als Berater für die Präsidentschaftskampagne von Donald Trump im Jahr 2016 bestand Bennetts Hauptaufgabe darin, die Delegationsstrategie vor dem Nationalkongress der Republikaner zu leiten. Bennett ist vor allem für seine Arbeit in Ohio für US-Senator Rob Portman und dem US-Abgeordneten Jean Schmidt bekannt.

Als das ukrainische Rechercheportal Detektor Media über diese Vorgänge berichtete, wies Timoschenko den Vorwurf, eine Lobbyfirma in den USA beauftragt zu haben, zurück. Im 11. Mai 2018 wurde der Vertrag zwischen Two Paths und Avenue Strategies gekündigt.

Doch am 7. Mai 2018 wurde in Maryland das Unternehmen Innovative Technology and Business Consulting (ITBC) durch Sergei Krasnitski registriert. ITBC verfügt über keine Website. Nach Angaben der Registrierungsdatenbank von Maryland.gov befindet sich das Büro von ITBC in der „Reistertown Road 1829, Suite 350 in Pikesville, Maryland“. Sergei Krasnitski ist nach Angaben von Linkedin Webdesigner für Blue Cross / Blue Shield. Einen Monat später schloss Krasnitski einen Lobbying-Vertrag im Wert von 50.000 US-Dollar pro Monat mit der Livingston Group ab. Der Vorsitzende der Livingston Group ist Bob Livingston. Aus dem FARA-Dokument ging zunächst nicht explizit hervor, dass die Livingston Group für Timoschenko tätig sein wird. Das Dokument trägt die Registrierungsnummer #6344.

Allerdings geht aus einem Schreiben von Bob Livingston an das US-Justizministerium hervor, dass die Livingston Group Lobbyarbeit für Yulia Timoschenko betreibt. In dem Schreiben an das US-Justizministerium führt Bob Livingston aus, dass die „ehemalige ukrainische Premierministerin Yulia Timoschenko plant, Mitte Juli nach Washington zu reisen“, um über die Vertiefung der Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine zu diskutieren. So sei die russische Aggression an den östlichen Grenzen der Ukraine aus Sicht der USA ebenfalls besorgniserregend. „Die russische Aggression ist weiterhin ein Hauptproblem für die ukrainische Sicherheit und Wirtschaft (...) Sie ist zuversichtlich, dass Sie bereit sind, sich zu einer Zeit der gegenseitigen Bequemlichkeit mit ihr zu treffen“, so Livingston.

Zuvor hatte die Livingston Group den ukrainischen Verband der Unternehmen UKRMETALURGPROM unter der Leitung von Oleksandr Kalenkow vertreten. Diese Repräsentanz im Wert von 20.000 US-Dollar pro Monat in Washington, die am 12. April 2018 bei der FARA-Einheit des US-Justizministeriums registriert wurde, konzentrierte sich auf die „Förderung der bilateralen Beziehungen zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten und der Ukraine“. In einem Schreiben an das US-Justizministerium erläutert die Livingston Group ihre Tätigkeit für den Verband.

Kalenkows Name tauchte im Verlauf der Affäre um die Panama Papers auf. Er ist Anteilseigner von IT Worldwide Services. Damals wurde enthüllt, dass IT Worldwide Services Offshore-Konten auf Zypern besitzt. Die IT Worldwide Services von Kalenkow befindet sich in der „42 Sofia Kovalevskaya Straße, Apartment 42 in Dnipro, Ukraine“.

Die Lobby-Arbeit der Livingston Group für UKRMETALURGPROM endete am 8. Juli 2018, zwei Tage nachdem Livingston begonnen hatte, Timoschenko durch ITBC zu unterstützen.

Timoschenko trifft Rubio und Nelson

Vom 6. bis zum 9. Februar 2018 besuchte Timoschenko die USA. In Washington traf sie sich mit dem US-Sondergesandten für die Ukraine, Kurt Volker, und den US-Senatoren Bill Nelson und Marco Rubio, meldet die Nachrichtenagentur UNIAN. Rubio und Nelson unterstützten in der Vergangenheit mehrere Gesetze zur Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Sie argumentieren, dass Russland sich in die US-Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt hat. Nelson behauptet, dass Russland auch die Wahlen zum US-Kongress im Bundesstaat Florida manipuliert hat.

Timoschenko nahm bei ihrem Besuch auch am National Prayer Breakfast teil, an dem auch US-Präsident Donald Trump und insgesamt 3.800 hochrangige Personen aus der internationalen Wirtschaft und Politik teilnahmen. Sie hielt auf der Veranstaltung eine Rede. Aus dem Redetranskript, das auf Timoschenkos Webseite veröffentlicht wurde geht hervor: „Die Welt steht heute vor großen Herausforderungen und Bedrohungen: der Neuregelung der Stabilität der Welt und der Gefahr einer neuen globalen Konfrontation, einer Verletzung internationaler Gesetze und Standards sowie einer militärischen Aggression, die auf Nachbarländer abzielt. Und was noch schlimmer ist, sind Zynismus und Lügen und Korruption. Das sind die Dinge, mit denen wir heute konfrontiert sind. Mein Land hat diese Grausamkeit und Aggression erlebt. Unser Land blutet, um unser eigenes Land zu verteidigen. Anstatt, dass junge Leute an Universitäten studieren und ihr Studium fortsetzen, müssen sie sich für etwas einsetzen, das ihnen gehört, um sich den schmutzigen, aggressiven Ambitionen anderer zu widersetzen.“


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