Politik

Nach Ghosn-Verhaftung: Führungskrise bei Renault

Frankreichs Regierung fordert die rasche Ablöse von Carlos Goshn.
20.11.2018 12:13
Lesezeit: 2 min

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Nach der Festnahme von Renault-Chef Carlos Ghosn wegen des Verdachts der Veruntreuung von Firmengeldern fordert Hauptaktionär Frankreich schnelles Handeln. "Carlos Ghosn ist nicht mehr in der Position, Renault zu führen", sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Dienstag dem französischen Sender "Info radio". Übergangsweise solle ein neues Management die Führung übernehmen. Dazu will der Verwaltungsrat noch im Laufe des Tages zusammenkommen. "Wir fordern aber nicht den formellen Rückzug Ghosns - aus einem einfachen Grund: Wir haben keine Beweise und folgen den rechtsstaatlichen Verfahren", betonte Le Maire. An der Allianz von Renault mit Nissan Motors will er nicht rütteln. Sie sei im Interesse Frankreichs, Japans und beider Unternehmen.

Ghosn war am Vortag in Japan unter dem Verdacht der Veruntreuung von Firmengeldern festgenommen worden. Bei monatelangen Untersuchungen sei herausgekommen, dass der 64-jährige Verwaltungsratschef von Nissan Firmengelder für private Zwecke verwendet und über Jahre zu niedrige Angaben zu seinem Einkommen gemacht habe, erläuterte Nissan-Chef Hiroto Saikawa. Ghosn soll am Donnerstag seines Postens bei Nissan enthoben werden. Zu dem Firmenbündnis gehört auch Mitsubishi, wo Ghosn ebenfalls Verwaltungsratschef ist. Der Konzern will eine interne Untersuchung einleiten und prüfen, ob es bei Mitsubishi ähnlich Verdachtsmomente gegen Ghosn gibt. Der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo zufolge trifft sich der Verwaltungsrat nächste Woche, um über die Zukunft Ghosns zu entscheiden.

Der in Brasilien geborene Franzose mit libanesischen Wurzeln ist weltweit einer der einflussreichsten Automanager. Er gilt als Architekt der Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi, die den weltgrößten Autoherstellern Volkswagen und Toyota den Rang ablaufen will. Experten befürchten, die Allianz könnte auseinanderfallen, wenn Ghosn nicht mehr die Fäden in der Hand hält. Ein Nissan-Manager, der namentlich nicht genannt werden wollte, äußerte gegenüber Reuters die Sorge, dass ohne eine zentrale Figur die Entscheidungsprozesse in der Allianz an Geschwindigkeit verlieren könnten.

Finanzminister Le Maire kündigte Gespräche mit der japanischen Seite an. Vorrang habe für Frankreich die Stabilität von Renault. "Renault wurde geschwächt und das macht es umso notwendiger, schnell zu handeln." Er habe die französischen Steuerbehörden gebeten, sich den Fall anzusehen, bisher hätten sie nichts Auffälliges entdeckt. Der französische Staat ist mit 15 Prozent an Renault beteiligt, der seinerseits 43,4 Prozent an Nissan hält.

Details zu den Vorwürfen gegen Ghosn sind nicht bekannt. Nach Angaben von Nissan gab es einen Hinweisgeber. Der staatliche japanische Sender NHK berichtete unter Berufung auf anonyme Quellen, Nissan habe Milliarden Yen für den Kauf und die Renovierung von Häusern für Ghosn in Rio, Beirut, Paris und Amsterdam bezahlt. Nach japanischem Recht kann Ghosn bis zu 20 Tagen in Gewahrsam bleiben, bis er angeklagt wird. Dem Manager droht eine Haft von bis zu zehn Jahren.

An der Börse und in der Branche hatte die Nachricht von der Festnahme des Renault-Chefs eine Schockwelle ausgelöst. Die Aktien des Konzerns waren am Montag um mehr als zehn Prozent eingebrochen, am Dienstag verloren sie weitere knapp vier Prozent an Wert.

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