Politik

Nord Stream 2: US-Botschafter droht Deutschland mit Sanktionen

Der US-Botschafter in Deutschland hat die Bundesregierung dazu aufgefordert, ihre Unterstützung für das Pipelineprojekt Nord Stream 2 zu beenden.
20.12.2018 17:27
Lesezeit: 2 min

Im Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 erhöhen die USA den Druck auf Deutschland und drohen deutschen Unternehmen nun offen mit Sanktionen. "Unternehmen, die an Nord-Stream-Projekten mitarbeiten, laufen Gefahr, mit Sanktionen belegt zu werden", sagte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, am Donnerstag in Berlin.

Er betonte, dass die Festnahme ukrainischer Soldaten durch die russische Küstenwache an der Zufahrt zum Asowschen Meer ein "wirklicher Bruch" sei. "Ich denke, das sollte die deutsche Regierung daran erinnern, dass die wachsende russische Aggression eine Dynamik hat, die nicht mit dem Kauf zusätzlichen Gases belohnt werden sollte."

Nord Stream 2 soll Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschland transportieren. Mehrere deutsche Unternehmen sind an der Pipeline beteiligt. Der Bau der 1200 Kilometer langen Trasse hat längst begonnen. Die USA und die Ukraine, aber auch einige östliche EU-Staaten wie Polen wollen es stoppen.

Sie argumentieren mit der Bedrohung, die von Russland ausgehe. Grenell verwies darauf, dass 33 000 US-Soldaten in Deutschland zum Schutz vor Russland stationiert seien. "Man kann russische Aggression nicht finanzieren und gleichzeitig die Amerikaner um Schutz vor russischer Aggression bitten. Das wirkt sehr heuchlerisch." Der US-Steuerzahler sei verärgert, dass sich Freunde so verhielten.

Bei der Projektgesellschaft Nord Stream 2 ist der russische Konzern Gazprom formal einziger Anteilseigner. Die Gesellschaft hat Finanzierungsvereinbarungen unterzeichnet mit den deutschen Konzernen Wintershall und Uniper sowie der niederländisch-britischen Shell, Engie (einst GDF Suez) aus Frankreich und OMV aus Österreich.

Die Betreiber betonen, die Pipeline sei notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, denn die Gasproduktion in Europa werde sich verringern. Mittel- und langfristig werde das über Nord Stream 2 transportierte Gas im Vergleich zu Flüssigerdgas (LNG) "erhebliche Preisvorteile" für europäische und insbesondere deutsche Verbraucher in Industrie und Haushalten bieten. Vor allem die USA versuchen seit geraumer Zeit, ihr im Überschuss vorhandenes und gefördertes Flüssigerdgas in Europa zu verkaufen.

Ein Sprecher von Nord Stream 2 wollte die Äußerungen Grenells am Donnerstag nicht kommentieren. Er wies darauf hin, dass Nord Stream 2 die Genehmigungen in vier von fünf Ländern habe, das Projekt werde entsprechend umgesetzt. Für Nord Stream 2 seien vertragliche Vereinbarungen mit 670 Unternehmen aus 25 Ländern eingegangen worden, die ein Auftragsvolumen von mehr als 6 Milliarden Euro hätten. Allein in Deutschland habe das Projekt mehr als 2 Milliarden Euro investiert.

Die Bundesregierung weist stets darauf hin, dass es sich um ein wirtschaftliches Projekt handelt. Trotz des Drucks aus den USA und Europa war sie bisher nicht bereit, ihm die politische Unterstützung zu entziehen - auch nicht nach der jüngsten Eskalation des Ukraine-Konflikts. Die russische Küstenwache hatte Ende November Boote der ukrainischen Marine gewaltsam an der Fahrt durch die Meerenge von Kertsch vor der Küste der von Russland annektierten Krim gehindert. Die Boote samt Besatzung wurden festgesetzt.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte nach dem Vorfall gesagt: "Der Rückzug der deutschen Unternehmen aus diesem Projekt würde nicht dazu führen, dass diese Gaspipeline nicht gebaut würde, sondern sie würde dann von Russland alleine gebaut werden." Die Bundesregierung habe Russlands Präsidenten Wladimir Putin abgerungen, dass im Rahmen des Projekts auch die Infrastruktur zum Gastransit durch die Ukraine erneuert wird. So würden der Ukraine wichtige Einnahmen nicht entgehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drei Anzeichen für ein brüchiges Arbeitsleben
07.07.2025

Neue Führung, neue Arbeitszeiten, neue Karriereträume: Wer im internationalen Wettbewerb mithalten will, muss verstehen, wie sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...