Die IG Metall hat angesichts der umstrittenen Vorschläge einer Regierungskommission vor einem Aufstand der Autofahrer gewarnt. Eine Verteuerung der Mobilität setze vor allem Pendler unter Druck. „Mit solchen Überlegungen wird mit dem gesellschaftlichen Frieden gezündelt und dem Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen“, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann am Montag in Frankfurt. Gelbe Warnwesten gebe es nicht nur in Frankreich, sondern auch in jedem deutschen Auto, warnte er in Anspielung auf die französischen Gelbwesten. Klimaschutz brauche gesellschaftlichen Rückhalt, und einen massiven Eingriff in die Mobilität akzeptierten die Bürger nicht.
In der Verkehrskommission der Bundesregierung werden zurzeit Optionen zur Reduktion von Treibhausgas diskutiert, zu denen höhere Sprit-Steuern, ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf der Autobahn und eine verbindliche E-Auto-Quote gehören. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Ideen allerdings als unverantwortliche Gedankenspiele abgelehnt.
Nach Scheuers scharfer Kritik an den Vorschlägen der Regierungskommission hat die Bundesregierung betont, dass es in dieser Frage noch keine politische Festlegung gebe. Mit Blick auf das Klimaschutzgesetz werde „ein schlüssiges Gesamtkonzept“ angestrebt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Die Lobbygruppe Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte erneut ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen.
Der von der EU und den Regierungen vorangetriebene sogenannte Klimaschutz zwingt die Autoindustrie, in der die IG Metall traditionell ihre größte Bastion hat, zur raschen Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroautos. Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament hatten sich im Dezember darauf geeinigt, dass der CO2-Ausstoß im Schnitt von 2021 bis 2030 um 37,5 Prozent sinken soll. Dafür müsse 2030 jeder zweite Neuwagen mit Strom fahren, ausgehend von nur zwei Prozent Marktanteil derzeit. Die Gewerkschaft befürchtet durch die CO2-Abbauziele einen Wegfall von mindestens 150.000 Arbeitsplätzen bis 2030.
Da zugleich nur rund 40.000 neue Stellen für den weniger aufwendigen Bau von Elektroantrieben entstünden, gingen per Saldo 110.000 Arbeitsplätze verloren. Im vergangenen Jahr hatte eine von der IG Metall und Unternehmen beauftragte Studie erst einen Schwund von rund 75.000 Jobs ergeben.
Ein solcher Rückgang sei nicht allein dadurch zu lösen, dass die geburtenstarken Arbeitnehmerjahrgänge in den kommenden Jahren in Rente gehen, erklärte Hofmann. Es werde auch zu Strukturbrüchen mit Firmenpleiten und Entlassungen kommen. Um gegenzusteuern, will die Gewerkschaft in mehr als 1.000 Betrieben die Beschäftigungsfolgen von Elektromobilität und Digitalisierung ermitteln. Betriebsräte sollen auf dieser Basis die Unternehmen zu neuen Geschäftsmodellen und zur rechtzeitigen Umschulung von Beschäftigten bringen. „Zu viele haben noch die Hoffnung, das geht an uns vorbei, und spielen Vabanque mit den Beschäftigten“, kritisierte Hofmann die Unternehmen.
Auch in der 2020 anstehenden nächsten Tarifrunde sollen Instrumente zur Krisenprävention Thema werden, sagte Hofmann. Notwendig seien außerdem Investitionen in Batteriefertigung, Ladeinfrastruktur und neue Mobilitätskonzepte. Sonst drohten die Elektroautos – nach denen es derzeit trotz staatlicher Förderung kaum Nachfrage gibt – zum Flopp zu werden – „aber die Arbeitsplätze sind weg", warnte der IG-Metall-Chef. Die Bundesregierung müsse außerdem die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängern. Klimawandel und Digitalisierung müssten besser sozial abgesichert werden, um den Menschen die Angst davor zu nehmen.
Die IG Metall, weltweit die größte staatlich unabhängige Gewerkschaft, sei nicht gegen Klimaschutz, sagte Hofmann. Er mahnte jedoch: „Wir brauchen eine Mobilitäts- und Energiewende, die Klimaziele, bezahlbare Mobilität für alle und sichere Perspektiven für die Beschäftigten zusammendenkt.“ 2019 müsse hier das Jahr der Entscheidungen werden. Der geplante Abbau des Klimagases Kohlendioxid (CO2) bis 2030 sei nicht ohne weniger Straßenverkehr zu erreichen. Doch anstatt die Autofahrer finanziell zu belasten müsse der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und der Güterverkehr stärker auf die Schiene verlagert werden, forderte Hofmann.