Technologie

Android-Handys übertragen Nutzerdaten an Tracking-Netzwerke

Google will offenbar nichts dagegen unternehmen, dass zehntausende Android-Apps das Nutzerverhalten an große Tracking-Netzwerke übertragen.
11.03.2019 17:29
Lesezeit: 3 min

Das Android-Betriebsystem von Google ermöglicht es darauf installierten Apps, dass sie Hardwaremerkmale zur Identifizierung der Nutzer einsetzen. Diese merken davon nichts und sind machtlos gegen das umfangreiche Tracking ihres Nutzungsverhaltens.

Tracking-Firmen müssen in der Lage sein, Online-Geräte eindeutig und dauerhaft zu identifizieren. Nur so können sie mitverfolgen, was ein Nutzer im Internet macht, welche Webseiten er besucht, welche Apps er verwendet und wofür er sie verwendet.

Im Webbrowser auf dem PC werden zur Identifizierung vor allem Cookies genutzt. Aber auch auf Smartphones und Tablets gibt es für App-Entwickler heute eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um die Nutzer in den verschiedenen Apps zu identifizieren.

So kann eine Handy-App zum Beispiel die Seriennummer des Geräts an ein Werbenetzwerk senden. Wenn eine andere App auf dem Telefon dasselbe Werbenetzwerk nutzt, können dort die Informationen über den Nutzer zu einem Profil zusammengefasst werden.

Das Ziel bei dieser Art von "Profiling" besteht vor allem darin, einem Nutzer aufbauend auf seinem bisherigen Nutzungsverhalten für ihn passende Werbung anzuzeigen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die angezeigte Werbung auch wirksam ist.

Wie eine Untersuchung des International Computer Science Institute zeigt, werden bei Android-Handys meist Hardware-Eigenschaften zur Identifizierung verwendet, etwa die Gerätenummer, die IMEI, die WiFi-MAC-Adresse oder die Seriennummer der SIM-Karte.

Zwar verwenden viele Apps zum Tracking von Android-Geräten auch die sogenannte Anzeigen-ID, die der Nutzer nach Belieben zurücksetzen oder deaktivieren kann. Doch da die meisten Apps eine Hardware-Identifikation einsetzen, ist dies nur Augenwischerei.

Eigentlich haben sowohl Apples iOS als auch Googles Android Richtlinien, wonach App-Entwickler neben der Anzeigen-ID keine weiteren Identifikationsinformationen übertragen dürfen.

Im Jahr 2017 drohte Apple-Chef Tim Cook persönlich mit der Entfernung von Uber aus dem App-Store, nachdem bekannt geworden war, dass die Uber-App nicht rücksetzbare dauerhafte Identifikatoren sammelte.

Auch die Richtlinien von Googles Play Store sagen, dass ohne die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer keine Identifikatoren neben der Anzeigen-ID übertragen werden dürfen und dass zu Werbezwecken nur die Anzeigen-ID verwendet werden darf.

Der Entwickler Serge Egelman hatte bereits im September die Einhaltung dieser Android-Richtlinien überprüft. In der Datenbank von AppCensus befanden sich damals rund 24.000 Apps, bei denen sein Team die Übertragung von Anzeigen-IDs beobachtet hatte.

Von diesen rund 24.000 Apps sendeten ungefähr 17.000 Apps neben der Anzeigen-ID auch weitere dauerhafte Identifikatoren. Das heißt etwa 70 Prozent der untersuchten Apps verstießen gegen die Googles Richtlinien.

Zu den zehntausenden Android-Apps, die das Verhalten der Nutzer mitverfolgen und dessen Einsatz für Werbezwecke ermöglichen, gehören laut AppCensus unter anderem:

  • Clean Master – Antivirus, Cleaner & Booster
  • Subway Surfers
  • Flipboard News
  • My Talking Tom
  • Temple Run 2
  • 3D Bowling
  • 8 Ball Pool
  • Agar.io
  • Angry Birds Classic
  • Audiobooks from Audible
  • Azar
  • B612 – Beauty & Filter Camera
  • Banana Kong
  • Battery Doctor
  • BeautyPlus
  • Bus Rush
  • CamScanner – Phone PDF Creator
  • Cheetah Keyboard
  • Cooking Fever
  • Cut The Rope

Stand Februar gibt es über 18.000 Android-Apps, die Anzeigen-ID zusammen mit anderen dauerhaften Identifikatoren übertragen. Die Daten gehen an Werbenetzwerke oder an Unternehmen, die das Verhalten von Nutzern mithilfe von Anzeigen verfolgen.

Bereits im September unterrichtete das kalifornische International Computer Science Institute (ICSI) Google über das Problem und übersandte eine Liste der genutzten Datentypen sowie der Werbenetzwerke, an welche die Tracking-Daten gesandt wurde.

Doch erst im Februar, als US-Medien über die Probleme berichteten, reagiert Google und sagte, dass man die betroffenen Apps prüfe. Und Erfolge im Kampf gegen die Überwachung von Android-Nutzern gab es seit September offenbar nicht.

Zwar läuft Android heute auf rund 85 Prozent aller weltweit verkauften mobilen Geräte. Doch Experten erwarten bereits das Ende des Betriebssystems. Denn die mangelnde Absicherung die Ausforschung des Nutzerverhaltens ist nur eines von vielen Problemen.

Eine Art Geburtsfehler des zehn Jahre alten Betriebssystems ist das Nebeneinander zahlreicher älterer und neuerer Versionen. Dadurch dauert es sehr lange, bis ein älteres Gerät aktuelle Software erhält.

Der Marktanteil der neuesten Android-Version 9, die im letzen Herbst startete, liegt derzeit bei nur wenigen Prozent. Marktbeherrschend sind weiterhin die älteren Android-Versionen 6 und 7.

Die verschiedenen Hersteller von Android-Geräten brauchen lange Zeit für Anpassungen im Betriebssystem. Da dies auch für wichtige Sicherheits-Updates gilt, ergeben sich regelmäßig massive Sicherheitslücken. Viele Geräte erhalten überhaupt kein Update.

Bereits seit 2016 arbeitet Google am Nachfolger für Android. Das neue Betriebssystem Fuchsia, von dem sich manche eine Besserung versprechen, soll nicht nur auf Handys und Tablets, sondern auch auf Notebooks und auf Geräten für das Internet der Dinge laufen.

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