Finanzen

Finanzamt verfolgt Manipulation von Registrierkassen

Wer manipulierte Kassensysteme an Gastronomen verkauft, muss voll für den entstandenen Steuerschaden aufkommen. Beihilfe zur Steuerhinterziehung lohnt sich nicht.
06.04.2019 17:35
Lesezeit: 2 min

Zwei Männer sollen manipulierte Kassensysteme an Asia-Restaurants in ganz Deutschland geliefert haben. Seit Dienstag müssen sie sich deswegen in Osnabrück vor dem Landgericht verantworten. Vorgeworfen wird ihnen unter anderem Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Doch einem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zufolge haften auch die Hersteller von manipulierten Kassensystemen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der Hersteller haftet voll für die durch die Manipulation entstandenen Steuerschulden. Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet nach § 71 Abgabenordnung (AO) für die verkürzten Steuern und kann gemäß § 191 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

“kdm.exe” lautete die Softwaredatei, mit denen die beiden aus Hongkong stammenden Deutschen ihr Kassensystem namens “Win-Restaurant” an die Restaurantbetreiber auslieferten, so die dpa. Damit konnten die Gastronomen Umsätze aus dem System löschen, ohne dass das Finanzamt etwas von den Manipulationen mitbekommen sollte. Die Gastwirte konnten unter anderem wählen, ob pauschal oder prozentual Umsätze aus dem Datensatz gelöscht werden sollten, der dem Finanzamt vorgelegt wurde.

Manipulation auch im Ausland durchgeführt

Die Software bereitete die Umsatzzahlen dann so auf, dass es keine offensichtlichen Lücken gab. In Deutschland und dem benachbarten Ausland sollen die beiden Brüder im Alter von 56 und 58 Jahren insgesamt 2.600 ihrer Kassensysteme verkauft haben. Ihre Ermittlungserkenntnisse leitete die Staatsanwaltschaft Oldenburg an die regional zuständigen Ermittler weiter, die dann gegen die Gastronomen als Haupttäter ermitteln.

Inzwischen hat die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft Oldenburg acht Fälle aus Niedersachsen angeklagt, bei denen zwischen 2012 und 2018 Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer in Höhe von rund sechs Millionen Euro hinterzogen worden sein sollen. Die Restaurantbesitzer werden in gesonderten Verfahren verfolgt.

Ein betriebliches Kassensystem muss jede Änderung an den Daten dokumentieren könnten. Die Daten müssen über zehn Jahre hinweg archiviert werden. Das Bundesfinanzministerium führt in einem Rundschreiben vom 26. November 2010 aus: “ Insbesondere müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht) einschließlich etwaiger mit dem Gerät elektronisch erzeugter Rechnungen i. S. des § 14 UStG unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden. Eine Verdichtung dieser Daten oder ausschließliche Speicherung der Rechnungsendsummen ist unzulässig.”

Beliebte Tricks und Gegenmethoden der Finanzverwaltung

Zu den beliebten Tricks von Steuerhinterziehern durch den Einsatz von manipulierten Kassensystemen gehören nach Angaben des Münchner Fachanwaltstags IT-Recht: “Bonierung auf Trainingskellner oder Trainingstische, Stornos, Einsatz von Bon-Editoren, Nichtverbuchung von Einnahmen, Verwendung mehrerer Kassen (eine „offizielle“ und eben eine „schwarze“), manuelle Löschung von Journaleinträgen und automatisierte Erlösverkürzung mit Hilfe einer „Zapper“-Software.”

Doch der Finanzverwaltung liegen optional verschieden Methoden zur Aufdeckung von Manipulationsfällen vor. Dazu zählen die Ermittlung des privaten Verbrauchs, die Bruttogewinn-Analyse und Mengenkontrolle, der Kennzahlenvergleich (z.B. Cashflow im Verhältnis zum Nettoumsatz), Verdeckte Ermittlungen und E-Audit. Zum E-Audit gehören unter anderem der Chi-Quadrat-Test, die Newcomb-Benford-Analyse (NBL), die Lückenanalyse, Zeitreihenvergleiche und IT-Forensische Ermittlungen.

So ist beispielsweise die NBL die bekannte Methode bei der Aufklärung von Wirtschaftsstraftaten. Dabei wird von einer Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit der Verteilung der Anfangsziffern ausgegangen. 

Insgesamt lässt sich festhalten: Die Manipulation und der Verkauf von Kassensystemen ist hochgradig illegal. Doch die Finanzverwaltung greift immer hart durch - früher oder später.

 

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...