Politik

Libyen-Konflikt: Frankreich unterstützt General Haftar

Lesezeit: 3 min
12.04.2019 14:43
Im Libyen-Konflikt unterstützt Frankreich den libyschen General Haftar. Doch hinter diesem Vorgehen stecken wirtschaftliche Interessen.
Libyen-Konflikt: Frankreich unterstützt General Haftar
Die libysche Öl- und Gasinfrastruktur. (Grafiik: Heritage Oil Limited)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Frankreich hat am 10. April 2019 eine Erklärung der Europäischen Union blockiert, in der der libysche General Khalifa Haftar aufgefordert wurde, die Offensive seiner Streitkräfte, die er Libya National Army (LNA) nennt, zu stoppen. “Dies ist das jüngste Beispiel dafür, wie die internen Spaltungen des EU-Blocks seine globale Einflussnahme untergraben haben”, meldet der englischsprachige Dienst von Reuters.

Die EU wollte ursprünglich eine Erklärung veröffentlichen,  in der ausgeführt wird, dass Haftars Offensive “die Zivilbevölkerung gefährdet, den politischen Prozess stört und eine weitere Eskalation mit schweren Konsequenzen für Libyen und die gesamte Region einschließlich der terroristischen Bedrohung riskiert.”

Frankreich und Italien können sich aber offenbar nicht einigen, wie mit der jüngsten Eskalation in Libyen umzugehen ist. Frankreich, das im Osten Libyens Ölvorkommen besitzt, hat Haftar in seiner östlichen Hochburg in den vergangenen Jahren militärisch unterstützt. Der Vorsitzende des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, sagte, dass Paris und Rom "unterschiedliche Interessen" in Libyen hätten. "Wir brauchen mehr Einheit, wir müssen als Europäer nur mit einer Stimme sprechen, aber leider sind die Europäer gespalten”, so Tajani.

Frankreichs Öl-Interessen in Libyen

Das französische Energieunternehmen Total hatte seine Präsenz in Libyen am 2. März 2018 durch den Kauf eines Anteils von 16,33 Prozent an den Konzessionen des Waha-Ölfelds vom US-Unternehmen Marathon Oil für 450 Millionen Dollar erworben, meldet Total auf in einer Mitteilung. Damit hat sich Marathon Oil aus Libyen zurückgezogen.

“Diese Akquisition steht im Einklang mit der Strategie von Total, das Portfolio durch qualitativ hochwertige und niedrig-technische Kosten zu stärken und gleichzeitig unsere historische Stärke im Nahen Osten und in Nordafrika zu stärken (...) Es baut auf der langfristigen Präsenz des Konzerns in Libyen, einem Land mit sehr großen Öl- und Gasvorkommen, auf und zeigt unser Engagement, die sich erholende Öl- und Gasindustrie des Landes weiterhin zu unterstützen”, zitiert World Pipelines Total-Chef Patrick Pouyanne.

Die Konzessionen am Waha-Ölfeld gehören zu 59,18 Prozent dem libyschen Staatsunternehmen National Oil Company (NOC), zu jeweils 16,33 Prozent Total und dem US-Unternehmen ConocoPhillips und zu 8,16 Prozent dem US-Unternehmen Hess. Die Waha Oil Company, die zu 100 Prozent der NOC gehört, ist der offizielle Betreiber des Waha-Ölfelds.

Total ist seit Jahrzehnten in Libyen aktiv und hatte 2017 einen Produktionsanteil von 31.500 boe pro Tag (Öleinheit in Barrel, Anm. d. Red.) aus Konzessionen im Offshore-Gebiet Al Jurf und im Onshore-Gebiet Sharara. Es hat auch einen Anteil am Mabruk-Feld, das wegen unzureichender Sicherheit seit mehreren Jahren geschlossen ist.

Einer Analyse des privaten US-Informationsdiensts Stratfor zufolge geht es beim Stellvertreterkrieg in Libyen um die Kontrolle der Ölfelder und Pipelinerouten. Aktuell rivalisieren folgende Energiekonzerne in Libyen: ENI (Italien), Total SA (Frankreich), Repsol YPF (Spanien), Waha Oil Co. (Ein US-Joint Venture), BP (Großbritannien), ExxonMobil (USA), Statoil (Norwegen), Royal Dutch/Shell (Niederlande/Großbritannien), Gazprom (Russland), Rosneft (Russland) und RWE (Deutschland).

Frankreich und Italien

Frankreich hofft durch die Unterstützung von Haftar nicht nur seine energiepolitischen Interessen zu schützen, sondern auch das Flüchtlingsproblem zu bewältigen. Doch Andreas Krieg vom King's College London sagte dem Fernsehsender TRT World: “Für Frankreich und Italien gibt es in Libyen eine wirtschaftliche Dimension. Ein ,stabiles’ - selbst wenn es autoritär wäre - Libyen, wäre eines der reichsten Länder der arabischen Welt mit direktem Zugang zu Europa. Haftar verspricht also, diese Probleme zu lösen. Aber das Problem ist, dass Haftar zu stark ist, um zu scheitern und zu schwach, um eine Kontrolle auszuüben.”

Italien, die ehemalige Kolonialmacht und ein wichtiger Akteur im libyschen Ölsektor, hat bisher den von den USA gestützten Premierminister Fayez al-Serraj unterstützt. Fayez al-Sarraj kam erst mit Unterstützung des Westens am 30. März 2016 nach Libyen. Er führt die aktuelle Einheitsregierung in Tripolis an, die von General Haftar bekämpft wird.

Der aktuelle italienische Außenminister Enzo Milanesi sagte in der vergangenen Woche, dass Haftar auf die Warnungen der internationalen Gemeinschaft hören müsse. “Wir haben ganz klar gesagt, wie unsere Position ist. Wir hoffen sehr, dass er dies berücksichtigen wird. Wenn dies nicht der Fall ist, werden wir sehen, was getan werden kann”, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters Milanesi.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...