Nach einem Bericht der New York Times soll US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan US-Präsident Donald Trump einen Plan zur Entsendung von 120.000 US-Truppen in den Nahen Osten präsentiert haben, falls der Iran US-amerikanische Truppen angreifen sollte. Internationale Medien haben den Bericht aufgegriffen, um eine anstehende Eskalation zwischen den USA und dem Iran heraufzubeschwören.
Doch eine militärische Konfrontation zwischen den USA und dem Iran ist mehr als unwahrscheinlich. Denn die US-Regierung hat durch den Einsatz von Sanktionen gegen den Iran und die Unterstützung regionaler Verbündeter gegen den Iran bereits einen Großteil ihrer Ziele erreicht.
Zur Ausgangslage:
Der Iran hat sich nach einem Bericht des privaten US-Informationsdienstes Geopolitical Futures (GPF) zu einer regionalen Macht entwickelt. Das Land habe einen großen Einfluss im Irak, in Syrien, Jemen und im Libanon.
In der Vergangenheit bestand die Strategie der USA, zum Beispiel während der Invasion des Irak in Kuwait, darin, den Iran mit größter Gewalt zu blockieren, so GPF. Aber die neue amerikanische Strategie fuße darauf, auf eine direkte Einmischung zu verzichten. Stattdessen wollen sich die USA jetzt auf regionale Mächte stützen.
Diese Strategie habe dazu geführt, dass mittlerweile eine enge israelisch-saudische Allianz unter Einbindung von Staaten am westlichen Persischen Golf entstanden ist. Diese Allianz sei zutiefst gefährlich für den Iran. Mit Ausnahme des Libanon sei die Macht des Iran in anderen Ländern “weder tief verwurzelt noch unzerstörbar”. Die Zusammenarbeit zwischen Israel und den arabischen Ländern, die sich gegen den Iran stellen, sei erheblich. Hinzu kommen die US-Sanktionen, die sich gegen die iranische Wirtschaft und den Energiesektor richten. Diese Kombination passt in die Strategie, den Iran einzudämmen, ohne eine direkte militärische Intervention durchzuführen.
Mittlerweile ist die Expansion des Iran im Nahen Osten unter Druck geraten. Die Israelis haben zahlreiche iranische Stellungen in Syrien angegriffen. Moskau hat dies billigend in Kauf genommen. Russland gibt sich zwar als Verbündeter des Iran, doch Moskau will auch verhindern, dass der Iran seinen Einfluss im Kaukasus erweitert.
Die US-Sanktionen haben auch zum Rückgang des iranischen Einflusses im Jemen geführt. Die finanzielle und militärische Unterstützung der Houthi-Rebellen ist aufgrund der wirtschaftlichen Probleme und dem Währungsverfall im Iran zurückgegangen. GPF wörtlich: “Der Iran bleibt einflussreich im Irak, aber überall sonst ist seine Expansion auf ernsthafte Probleme gestoßen.”
China im Fokus der Iran-Sanktionen
Abgesehen von der militärischen Situation, haben die USA wirtschaftliche Interessen bei der Eindämmung des Iran. Faktisch gesehen stellt der Iran allein weder eine militärische noch eine wirtschaftliche Bedrohung für die USA dar. Allerdings könnten andere Länder durch die Nutzung iranischer Energieressourcen zu realen Weltmächten aufsteigen. Es geht also vor allem darum, bestimmte Rohölkunden der Iraner zu treffen.
Nach Angaben des englischsprachigen Dienstes von Reuters ist China der größte Rohölkunde des Iran mit einem Gesamtimport-Volumen von rund 29,3 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr. Das waren ungefähr sechs Prozent der gesamten Ölimporte Chinas. Der Streit um den Import von iranischem Rohöl führt zu einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zwischen Washington und Peking. Trotz der Androhung von Sanktionen und eines erhöhten Risikos weiterer Komplikationen im langjährigen Handelskonflikt erwarten die Analysten der Eurasia Group, dass China weiterhin iranisches Rohöl kauft: “Wir glauben, dass China diesmal nicht zurückweichen kann und wird, und wir könnten einen leichten Anstieg der chinesischen Ölimporte aus dem Iran auf eine Million Barrel pro Tag feststellen”, zitiert CNBC Bjarne Schieldrop, Chef-Rohstoffanalyst bei SEB.
Obwohl China angekündigt hat, an den iranischen Rohölimporten festhalten zu wollen, bleibt es unklar, wie lange die Regierung in Peking an dieser Politik festhalten kann. Schließlich verfügen die USA auch über handelspolitische (Strafzölle) und militärische Instrumente (Präsenz im Südchinesischen Meer), um China auf Linie zu bringen. Die Regierung in Peking ist sich darüber bewusst, dass die USA weitaus größere Möglichkeiten haben, um im Falle einer Eskalation zu reagieren.
Die chinesische Regierungs-Zeitung Global Times veröffentlichte am 24. April 2019 einen Artikel, in dem eine scharfe Kritik an der US-Regierung vermieden wird. Stattdessen beschränkt sich der Artikel auf den Versuch, Chinas Interessen im Nahen Osten zu „klären“ und herauszufinden, wie die potenziellen Verluste aus den Sanktionen verringert werden können. “Wir sind der Meinung, dass China seine Interessen und Prinzipien im Zusammenhang mit dem Kauf des Öls aus dem Nahen Osten klarstellen und versuchen sollte, den Verlust der nationalen Interessen Chinas auf ein Minimum zu beschränken (...) China will weder einen Showdown mit den USA aufgrund des Iran haben, noch kann Peking Washington einfach das machen lassen, was es will”, so die Global Times.
Somit ergibt sich folgendes Bild:
Die US-Sanktionen gegen den Iran sollen vor allem China treffen. China will an den iranischen Rohölimporten festhalten, ohne auf Kollisionskurs zu den USA zu gehen, was jedoch nicht möglich ist.
Die USA haben im Nahen Osten zahlreiche Verbündete, die den Einfluss des Iran fürchten. Der Iran steht relativ isoliert dar. Die Drohgebärden der iranischen Generäle und Politiker sind kein Anzeichen der Stärke, sondern der Verzweiflung.