Finanzen

Skandinavien: Banken wollen Compliance-Mitarbeiter durch Roboter ersetzen

Die beiden größten skandinavischen Banken wollen Tausende von Compliance-Mitarbeitern durch Algorithmen ersetzen.
24.06.2019 17:26
Lesezeit: 2 min

Die beiden größten skandinavischen Banken haben ihre Compliance-Einheiten zuletzt deutlich verstärkt. Doch beide Banken sagen, dass die zusätzlichen Mitarbeiter dort nur vorübergehend tätig sein sollen. Längerfristig sollen sie durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt werden.

Noch sind bei der im finnischen Helsinki ansässigen Nordea Bank etwa tausend Mitarbeiter damit beschäftigt, Milliarden von Transaktionen nach potenziell kriminellen Aktivitäten zu durchforsten. Dieser ineffiziente Prozess ist mit erheblichen Kosten verbunden.

Daher will Mikael Bjertrup, Leiter der Abteilung zur Prävention von Finanzkriminalität der Nordea Bank, das System ändern. Er sagt, dass derzeit etwa 20 Prozent der Verdachtsfälle durch Algorithmen erledigt werden, die auf maschinellem Lernen basieren. Der Rest muss immer noch von Menschen bearbeitet werden.

Bjertrup möchte erreichen, dass künftig 80 Prozent der Warnungen von Algorithmen verarbeitet werden. "Wir werden in Zukunft weniger Leute sein, aber unsere Abwehr wird besser sein", zitiert ihn Bloomberg. "Wir werden in Zukunft keine 1.500 Mitarbeiter mehr brauchen, da sich die Technologie verbessert."

Auch bei der Danske Bank, der größten dänischen Bank mit Hauptsitz in Kopenhagen, verfolgt man ein ähnliches Vorgehen. Laut dem Leiter der Compliance-Abteilung, Philippe Vollot, wird die Mitarbeiterzahl wahrscheinlich reduziert, sobald die "Technologie einsetzt".

Die Compliance-Abteilungen bei den Banken, welche die Befolgung von Gesetzen und Vorschriften sicherstellen sollen, benötigen extrem viele Mitarbeiter. Die Nordea Bank stellte im Jahr 2015 viele neue Mitarbeiter für Compliance ein, nachdem sie wegen Nichteinhaltung der Anforderungen zur Bekämpfung von Geldwäsche mit einer Geldstrafe belegt wurde.

In jüngster Zeit haben Geldwäsche-Skandale bei der Danske Bank und der Swedbank den Druck auf die Branche erhöht, erheblich mehr Finanzmittel für die Bekämpfung der Finanzkriminalität bereitzustellen.

Die Arbeitskosten machen etwa drei Viertel der Kosten für die Einhaltung der Anforderungen zur Bekämpfung der Geldwäsche aus. Daher suchen die nordischen Banken nach Möglichkeiten, wie sie Menschen durch Künstliche Intelligenz, durch Algorithmen und automatisiertes Kundenscreening ersetzen können.

Mikael Bjertrup von der Nordea Bank setzt sich zudem dafür ein, dass Banken und Behörden enger zusammenarbeiten und mehr Informationen austauschen. Er sagt, die Banken könnten ihre Vorgehensweise verfeinern, wenn die Polizei ihnen mitteilt, wie viele der gemeldeten Transaktionen tatsächlich kriminell waren.

Der Druck durch die jüngsten Geldwäsche-Skandale ist nach wie vor groß. Die Swedbank, die ihren Vorstandsvorsitzenden im März entlassen hat, gibt dieses Jahr weitere 650 Millionen Kronen (61 Millionen Euro) zur Bekämpfung von Geldwäsche aus. Zudem hat sich 2018 die Stundenzahl bei der Ausbildung zur Geldwäschebekämpfung verachtfacht.

Die Danske Bank sagte Anfang des Jahres, dass sie weitere 600 Personen für Compliance und Geldwäsche einstellt, sodass die Zahl der Mitarbeiter im Januar auf rund 1.800 anstieg. Ihre estnische Niederlassung hat in den letzten neun Jahren verdächtige Transaktionen im Umfang von bis zu 230 Milliarden Dollar abgewickelt.

Philippe Vollot hat Ende letzten Jahres als Leiter der Compliance bei Danske begonnen. In ähnlichen Positionen war er auch schon bei der Deutschen Bank und bei Barclays tätig. Er sagt, dass der Prozess, den die Danske Bank und andere nordische Banken durchlaufen, typisch ist.

"Jede einzelne Bank, die mir bekannt ist und die in Schwierigkeiten geriet, musste massiv investieren, Transformations- und Sanierungsprogramme aufbauen, Schwachstellen beheben und kam langsam aber sicher ans Ziel", zitiert ihn Bloomberg. "Es ist ein sehr großes Unterfangen für eine Bank."

Die Aktie der Danske Bank ist seit dem Ausbruch des Skandals im letzten Jahr um mehr als 40 Prozent gefallen. Bei strafrechtlichen Ermittlungen in Europa und in den USA drohen der Bank Geldbußen in Milliardenhöhe. Moody's Investors Service schätzt, dass Europas Banken seit 2012 Geldbußen in Höhe von 16 Milliarden Dollar gezahlt haben.

Zwar hat Compliance-Chef Philippe Vollot vorerst freie Hand bei der Einstellung. Doch aus Erfahrung sagt er, dass "man immer einen Punkt durchläuft, an dem man wirklich viele Ressourcen hinzufügen muss, weil man noch nicht die Technologie hat, die einen unterstützt".

Aber schließlich komme Technologie und "man profitiert von den richtigen Systemen, Algorithmen, Szenarien, Fallmanagement-Plattformen und letztendlich von Künstlicher Intelligenz und Robotik", sagte er. Normalerweise sei dies die Phase, in der man anfängt, die Zahl der Menschen zu reduzieren, die man braucht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...