Der Höhenflug des Frankens hat wohl die Schweizer Währungshüter auf den Plan gerufen. Eine Reihe von Volkswirten sagten, es spreche vieles dafür, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) vergangene Woche interveniert habe, um die Landeswährung zu schwächen. Die am heutigen Montag veröffentlichten sogenannten Sichtguthaben (das sind täglich fällige Guthaben bei einer Bank, die gering oder gar nicht verzinslich von den Kunden unterhalten werden, weil sie die Voraussetzung für die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr bilden), welche die Banken und der Bund bei der SNB unterhalten, hätten den stärksten Anstieg seit Mai 2017 verzeichnet, erklärte Credit-Suisse-Ökonom Maxime Botteron: „Das ist ein klares Zeichen, dass die SNB am Markt aktiv war." Bei Interventionen kauft die SNB mit selbst gedruckten Franken Fremdwährungen wie beispielsweise Euro. Ein Sprecher der Notenbank wollte sich nicht dazu äußern.
Die Sichtguthaben der Banken und des Bundes bei der SNB kletterten in der vergangenen Woche auf 581,2 Milliarden Franken (von 579,5 Milliarden Franken in der Woche zuvor). Eine solche Entwicklung gilt als Indiz dafür, dass die SNB am Devisenmarkt interveniert, um den Franken gegenüber dem Euro zu schwächen. Die Zentralbank kauft Euro und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut.
Auslöser der SNB-Maßnahme war Experten zufolge wohl die starke Aufwertung des Frankens zum Euro auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Die Gemeinschaftswährung kostete am Donnerstag zeitweise nur noch 1,0963 Franken. Zu Jahresbeginn waren es noch rund 1,13 Franken. Der Euro habe zum Dollar nach der Veröffentlichung des EZB-Statements am Donnerstag um 13:45 Uhr deutlich an Wert verloren, gegenüber dem Franken aber nicht, erklärte Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank: „Es ist möglich, dass die SNB da Kurspflege betrieben hat." Am Montag notierte der Euro bei 1,1025 Franken.
Hinter dem jüngsten Franken-Anstieg steckt die Erwartung der Marktteilnehmer, dass die EZB im September die Zinsen senkt. Damit würde sich die Zinsdifferenz zwischen der Euro-Zone und der Schweiz verringern, was Anlagen in Franken attraktiver machen würde. Ein starker Franken schadet aber der exportorientierten Schweizer Wirtschaft, was die SNB vermeiden will.
Die SNB setzt grundsätzlich zwei Instrumente ein, um den Franken zu schwächen: Neben Devisenmarkt-Interventionen sind das Negativ-Zinsen. Bereits jetzt befindet sich der Schweizer Leitzins auf dem rekordtiefen Niveau von minus 0,75 Prozent. Am Markt erwarten die Anleger derzeit, dass die SNB bis September die Zinsen um weitere zehn Basispunkte ins Minus drückt. Die Notenbank selbst will sich zu ihren Plänen nicht äußern. SNB-Präsident Thomas Jordan hatte zuletzt jedoch betont, die Zentralbank habe noch Handlungsspielraum, die Zinsen weiter zu senken.
Experten gehen allerdings davon aus, dass Interventionen vorerst das Mittel erster Wahl bleiben dürften - auch weil eine weitere Ausweitung der Bilanz der Notenbank weniger unerwünschte Nebeneffekte hätte als eine Zinssenkung. „Die SNB könnte sporadisch intervenieren, um den Aufwärtsdruck auf den Franken zu dämpfen", sagte Credit-Suisse-Volkswirt Botteron.