Kaum zuvor hat ein Börsengang für soviel Chaos gesorgt wie der von den Konsortialbanken gehypte IPO von Facebook. Das Ergebnis war eine massive Wertvernichtung der Anleger. Am Montag fiel die Facebook-Aktie um elf Prozent und schloss bei 31 Dollar. Am Dienstag ging es weiter bergab - nach zwei Tagen hatten die Käufer 20 Prozent ihres Vermögens verloren. Nun wollen die Aufsichtsbehörden einschreiten. Denn das Ausmass der Ungereimtheiten ist nicht mehr mit technischen Problemen oder anderen Ausreden zu erkläre.
Daher haben sowohl die US-Börsenaufsicht SEC als auch der Vorsitzende der Regulierungsbehörde Finra, Richard Ketchum, eine Prüfung rund um den Konsortialführer Morgan Stanley angekündigt. Morgan Stanley war die federführende Bank beim Börsengang. Kurz vor dem Börsengang senkte Anlegern zufolge ein Analyst der Bank die Umsatzprognose des sozialen Netzwerks. Informationen, die viele Investoren, vor allem auch Kleinanleger, gar nicht mehr vor dem Eröffnungskurs erreicht hatten. Auch JP Morgan Chase und Goldman Sachs, die auch Emissionen tätigten, hatten während der Facebook-Eröffnungs-Roadshow ihre Schätzungen korrigiert, berichtete eine Quelle Reuters. Der Bundesstaat Massachusetts hat im Falle Morgan Stanley bereits eine Untersuchung der Vorwürfe angekündigt – eine Vorladung sei zugestellt worden, so die Landesbehörde.
Ein juristisches Nachspiel wird es vermutlich auch für die amerikanische Börse, Nasdaq, geben. Beim Börsengang blieben plötzlich Broker und Investoren lange Zeit im Unklaren über den Stand ihrer Kauf- und Verkaufsaufträge. Darüber hinaus stoppten interessanterweise bei Nasdaq kurz vor Facebooks Börsengang für 17 Sekunden „alle Kurse und Geschäfte von börsennotierten Aktien von Nasdaq für alle NYSE, AMEX, ARCA und Nasdaq geführte Aktien“, schreibt Nanex in einem Bericht. Angesichts der Tatsache, dass Nasdaq in der Regel bis zu 100.000 Kurse pro Sekunde verschickt, sind 17 Sekunden keine Kleinigkeit. „17 Sekunden sind 17.000.000 Mikrosekunden – eine Ewigkeit. Es ist erstaunlich, dass das niemand bemerkt hat“, heißt es weiter.
Ob Nasdaq kurzfristig doch kalte Füße hinsichtlich des Börsengangs von Facebook gekriegt hat, ob es sich um Manipulation handelt oder tatsächlich nur ein grober technischer Fehler der Grund dafür war, soll nun eine von der Börsenaufsicht eingeleitete Untersuchung herausfinden. Indes hat ein Investor den Börsenbetreiber auf Nachlässigkeit verklagt und beantragte für seine Klage den Status einer Sammelklage aller Investoren, die aufgrund dieses dubiosen Ereignisses Geld verloren haben.
„Es ist schrecklich für die Märkte", sagt der ehemalige SEC-Vorsitzende Arthur Levitt über den Börsengang. „Es ist eine Veranstaltung mit lang anhaltenden negativen Auswirkungen für eine Branche, die sich diese Art von Makel kaum leisten kann - und das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben worden. Niemand sieht hier gut aus." Nasdaq scheint die Pannen nicht so schwer zu gewichten. „Obwohl wir eindeutig Fehler in der Facebook-Liste hatte, wollen wir die Tatsache hervorheben, dass es immerhin am Freitag vergangener Woche der größte Börsengang überhaupt war", sagte Nasdaq Geschäftsführer Bob Greifeld bei der Hauptversammlung des Unternehmens.