Deutschland

Wochenlang kein Lohn: Leiharbeiter-Skandal in Saarbrücken

Lesezeit: 2 min
20.04.2013 01:46
Eine Leiharbeitsfirma zahlt etwa 30 Fließbandarbeitern aus Osteuropa seit Wochen keine Löhne. Jetzt stehen die Arbeiter ohne Job und ohne Geld da. Die Personalleasingfirma bestreitet die Vorwürfe.
Wochenlang kein Lohn: Leiharbeiter-Skandal in Saarbrücken

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Saarbrücken wurde ein neuer Fall von Leiharbeiter-Ausbeutung bekannt. Eine Personal-Leasingfirma verwehrt etwa 30 Gastarbeitern seit Wochen ihre Lohnzahlungen. Das berichtet die Saarbrückner Zeitung. Die Arbeiter stammen aus Bulgarien, Litauen, Moldawien und Rumänien und arbeiteten bei dem Saarbrücker Wurst- und Fleischwaren-Produzenten Höll in der Fließband-Produktion. Bis zu zwölf Stunden am Tag mussten sie dort Wurst verpacken, für fünf Euro Stundenlohn. So zumindest wurde es ihnen von der Leiharbeitsfirma versprochen. Seit Februar sind jedoch mindestens 1500 bis 2000 Euro pro Kopf ausständig, sagte eine der Arbeiterinnen der Zeitung.

Die Wohnungen, in der die Menschen untergebracht sind, gehören dem Chef der Leiharbeitsfirma, über die sie an die Firma Höll vermittelt wurden. Dort fehlte es ihnen in den letzten Wochen am Nötigsten. Seit letzte Woche der Werkvertrag zwischen der Firma Höll und der Personalleasingfirma Wenzel gekündigt wurde, stehen sie nicht nur ohne Geld, sondern auch ohne Job da. In ihre Heimat können sie nicht, weil sie sich die Rückfahrt nicht leisten können.

An die Personaldienstleistungsfirma Wenzel mit Sitz in Hamm sind die Mitarbeiter offenbar über einen Vermittler aus Warschau gekommen. Firmenchef Rolf Wenzel behauptete auf Nachfrage, die Bezahlung der Leiharbeiter laufe nicht über seine Firma, sondern über Vertragspartner in mehreren osteuropäischen Ländern. Er bestätigt jedoch, dass letztlich sehr wohl er die Löhne freigibt. Die Zahlungen bis einschließlich Februar seien erfolgt, die März-Löhne würden in den nächsten Tagen ausbezahlt. Gleichzeitig behauptet er, er würde die Löhne erst freigeben, wenn die Firma Höll ihrerseits noch offenen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seiner Firma nachkomme.

Außerdem sei der Werkvertrag nicht von Seiten der Firma Höll, sondern von ihm, Wenzel, gekündigt worden. Er wollte jedoch weder die Namen seiner Vertragspartner in Osteuropa nennen, noch eine Summe, wie viel ihm Höll noch schuldet. Was der Firmenchef bestätigt: Zwölf Stunden Tagesarbeitszeit seien für die Leiharbeiter durchaus vorgekommen.

Von Seiten des Wurstherstellers Höll heißt es, man habe von der Lohnvorenthaltung nichts gewusst. Die Zahl der Leiharbeitskräfte sei in den letzten Monaten sukzessive abgebaut worden, nachdem es Probleme mit der Erfüllung der vereinbarten Leistungen gab. Rüdiger Mehlem, Sanierungsberater bei Höll, sprach außerdem davon, dass man der Firma Wenzel allein im Jahr 2013 40.000 Euro mehr bezahlt hätte, als von dieser Leistung erbracht wurde. Zudem hätte das Finanzamt der Firma vor einigen Wochen per Pfändungsbescheid untersagt, offene Rechnungen an die Firma Wenzel zu begleichen und stattdessen die Zahlungen direkt ans Finanzamt zu richten. Daraufhin sei dann der Werkvertrag gekündigt worden.

Wie es mit den etwa 30 Betroffenen weitergeht, muss sich erst weisen. Zusammen mit der Stadt Saarbrücken und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten an der Saar stellte die Firma Höll die Versorgung der Menschen mit dem Nötigsten sicher. Es wurde Geld für den Lebensmittelkauf bereitgestellt. Außerdem, so Mehlem, ließe man prüfen, ob es aus juristischer Sicht möglich wäre, den Rückkehrwilligen eine finanzielle Hilfe bei der Reise in ihre Heimatländer zukommen zu lassen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Umweltbewusst und günstig: Hondas Leasing-Modell für die elektrifizierten Fahrzeuge von Honda

Der Managing Director der Honda Bank Volker Boehme spricht mit den DWN über die neuesten Entwicklungen im Leasinggeschäft für die...

DWN
Politik
Politik Russland liefert Rekordmengen Gas über TurkStream nach Europa
29.11.2023

Über TurkStream fließen derzeit Rekordmengen Gas nach Europa. Doch die militärischen Angriffe auf die Pipeline halten an. Zudem macht...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Inflation fällt deutlich, aber Ökonomen warnen vor Jahresende
29.11.2023

Die Inflation ist im November überraschend stark gefallen, auf den niedrigsten Wert seit Juni 2021. Doch für Dezember erwarten Ökonomen...

DWN
Politik
Politik Scholz im Bundestag: Eine Erklärung, die nichts erklärt
28.11.2023

Die mit großer Spannung erwartete Regierungserklärung enttäuschte. Weder erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz, wie es zu dem...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wegen Haushaltskrise: OECD empfiehlt Ende der Rente mit 63
29.11.2023

Die OECD prognostiziert, dass die Wirtschaft in Deutschland 2024 deutlich langsamer wächst als in den anderen Staaten. Wegen der...

DWN
Immobilien
Immobilien Zeichen der Zuversicht: Die Renaissance der Zinshäuser
29.11.2023

Die Häuser wurden einst vor allem von gut situierten Privatinvestoren errichtet und galten als Kapitalanlage des wohlhabenden Bürgertums....

DWN
Finanzen
Finanzen Sinkende Inflation treibt Dax auf höchsten Stand seit Juli
29.11.2023

Der Dax hat die Marke von 16.000 Punkten überwunden und notiert auf dem höchsten Stand seit vier Monaten. Hintergrund ist der anhaltende...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Inflation gebannt? Reallöhne steigen, Importpreise fallen
29.11.2023

Die Reallöhne in Deutschland sind wegen der sinkenden Inflation zuletzt wieder gestiegen. Zudem verzeichnen die Importpreise einen starken...

DWN
Finanzen
Finanzen Buffett-Weggefährte Charlie Munger mit 99 Jahren gestorben
29.11.2023

Während Warren Buffett als Investoren-Legende weltbekannt ist, gab sich Charlie Munger über Jahrzehnte zufrieden damit, seine rechte Hand...