Deutschland

Schuldenkrise: Spanische Telefónica muss deutsche Tochter O2 abstoßen

Um die eigenen milliardenschweren Schulden zu bedienen, muss die spanische Telefónica ihre deutsche Tochter mit der Mobilfunkmarke O2 loswerden. Dazu wird auch ein Börsengang in Erwägung gezogen. Beobachter halten dies angesichts des Marktumfeldes für illusorisch.
31.05.2012 12:53
Lesezeit: 1 min

Die Schulden des Telefónica Konzerns sind immens. Bis 2015 muss der Konzern jährlich zwischen sieben und acht Milliarden Euro refinanzieren. Der heimische Markt des spanischen Unternehmens hat stark nachgegeben. Hier halbierte sich der Gewinn im ersten Quartal – nur mehr ein Überschuss von 748 Millionen Euro wurde erreicht. Aus diesem Grund muss die spanische Telefónica nun ausländische Assets abstossen. Das Unternehmen hat bekanntgegeben, sich von seinen Beteiligungen in Lateinamerika und Deutschland trennen zu wollen. Als Optionen werden Verkäufe oder auch die Möglichkeit Börsennotierung des Lateinamerika-Geschäfts und von Telefónica Deutschland mit seiner Mobilfunkmarke O2 genannt.

Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, wie das spanische Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Acht bis zehn Milliarden Euro sei die deutsche Tochter Wert, schätzt der Analyst Carlos Winzer von der Ratingagentur Moody’s. Falls Telefonica einen Teil des Deutschland-Geschäfts an die Börse bringt, „können sie einen Mehrheitsanteil behalten und gleichzeitig viel Geld erlösen, um die Verschuldung zu verringern“, so Carlos Winzer. Das Unternehmen selbst wollte bis jetzt jedoch nichts über die Größenordnung und den Zeitplan des Börsengangs sagen. In jedem Falle, so Telefónica, trage dies zur Senkung der Verschuldung im Jahr 2012 bei.

Beobachter halten die Idee des Börsengangs für eine Flucht nach vorne: Im gegenwärtigen Marktumfeld erscheint ein Listing sehr unwahrscheinlich. Gerade Telefónica Deutschland hat es mit einem hart umkämpften, äußert preissensiblen Markt zu tun. Die Wachstumsphantasie ist hier sehr überschaubar. Außerdem hat sich Telefónica in Deutschland noch nie mit Ruhm bekleckert: Vielen ist noch das Scheitern der Marke Quam in Erinnerung, mit der Telefónica um die Jahrtausendwende den deutschen Markt aufrollen wollte.  Daher gilt ein Verkauf als wahrscheinlicher, unter Umständen an Finanzinvestoren, für die O2 wegen des positiven Cashflows von Interesse sein könnte.

Telefónica Deutschland belegt mit O2 bei den Handy-Netzbetreibern in Deutschland Rang vier hinter E-Plus, der Deutschen Telekom und Vodafone. 18,6 Millionen Mobilfunkkunden hat das Unternehmen. Mit der Mobilfunkmarke O2 konnte Telefónica im ersten Quartal 2012 in Deutschland den operativen Gewinn um 13 Prozent auf 295 Millionen Euro steigern. Darüber hinaus bietet die deutsche Telefónica auch Telefon- und Internetanschlüsse an.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...