Politik

Asmussen warnt Karlsruhe vor Eingriff in EZB-Autonomie

Kurz vor dem Beginn der Verhandlung in Karlsruhe versucht EZB-Direktor Jörg Asmussen, die Sicht der EZB auf die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen noch einmal öffentlich zu erläutern . Nichts liegt Asmussen ferner als eine Beeinflussung der Verfassungsrichter.
11.06.2013 00:54
Lesezeit: 1 min

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt Dienstag und Mittwoch über die Rechtmäßigkeit des Staatsanleihen-Ankaufprogramms (OMT) der EZB. Darin versichert die diese, Staatsanleihen von Krisenstaaten im Notfall ankaufen zu wollen. EZB-Direktor Jörg Asmussen warnte das Verfassungsgericht in der Montagsausgabe der Bild-Zeitung vor „erheblichen Konsequenzen“, falls das Programm infolge eines Rechtsurteils beendet werden müsste.

Welche Konsequenzen das sein sollen, erwähnte Asmussen, der für EZB-Chef Draghi der Einladung des Bundesverfassungsgerichts folgen wird, allerdings nicht. Eine mögliche Auswirkung ist, dass die Zinsen für Staatsanleihen von Krisenländern wieder gefährlich stark ansteigen könnten.

Draghi hatte zuvor ebenfalls versucht, Karlsruhe die Position der EZB schmackhaft zu machen, indem einer Grenze für das OMT-Programm bei 524 Milliarden Euro festgelegt wurde (mehr hier). Der EZB-Chef will durch diese Grenze sein Programm rechtlich wasserdicht machen.

Beide Banker betonten, dass ihnen nichts ferner liege, als das Gericht zu beeinflussen.

Allerdings weicht die EZB damit bereits von ihrer ursprünglichen Aussage ab, „unbegrenzt“ Staatsanleihen ankaufen zu wollen. Dies kann als Zugeständnis an die deutschen Verfassungsrichter gewertet werden. Anscheinend fürchten Draghi und Asmussen einen noch stärkeren Einfluss aus Karlsruhe.

Offiziell macht man sich bei der EZB allerdings keine Sorgen um die Gerichtsverhandlung. Draghi sagte vergangene Woche, „„das OMT-Programm  sei wahrscheinlich die erfolgreichste geldpolitische Maßnahme in der jüngeren Zeit“ (hier).

Auch Experten halten die Wahrscheinlichkeit für hoch, dass die EZB aus Deutschland grünes Licht für ihre Geldpolitik bekommen wird. Ein Urteil wird wahrscheinlich erst nach der Bundestagswahl gefällt werden. Rechtsexperte Gunnar Beck sieht auch die Möglichkeit, dass sich das Bundesverfassungsgericht freiwillig der Gerichtsbarkeit entzieht und das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof weitergibt. In dem Verfahren geht es darum, ob der Fortbestand der Eurozone Vorrang hat vor dem Verbot der Staatsfinanzierung (mehr hier).

Durch die Ankündigung Draghis, Staaten in Not durch den Ankauf von Anleihen helfen zu wollen, sind die Zinsen für Staatsanleihen zurückgegangen. Steigende Zinsen seien Anzeichen der Verunsicherung der Finanzmärkte über die Befürchtung, einzelne Länder könnten aus dem Euro ausscheiden.

Gemäß EU-Vertrag ist eine monetäre Staatsfinanzierung – auch über den Ankauf von Staatsanleihen – jedoch verboten. Zudem ergeben sich aus dieser Praxis Stabilitätsprobleme: Die EZB hat bereits Staatsanleihen im Wert von über 200 Milliarden Euro in ihrer Bilanz. Desweiteren können berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit der EZB aufgeworfen werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell auf Höhenflug trotz drohender US-Handelszölle
07.07.2025

Der DAX überrascht mit einem starken Anstieg über 24.000 Punkte – und das trotz drohender US-Zölle. Wie reagieren Investoren auf die...