Michael Lauber, jener Schweizer Bundesanwalt, der gegen die deutschen Finanzbeamte Haftbefehlt erlassen hat, weil sie angeblich am Diebstahl von Bankunterlagen von Steuerflüchtlingen mitgewirkt haben, hat jahrelang im Sold der Banken-Industrie gestanden. Er war von 2004 bis 2010 Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbandes (LBV). In Laubers Zeit fällt die spektakuläre Hausdurchsuchung beim ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel – ein Ereignis, das Lauber als „Vulkanausbruch“ beschreibt. Verständlich: Waren doch in der Affäre gerade die von ihm vertretenen Banken aus Liechtenstein ins Zwielicht geraten – jene Banken, die von Natur aus das Licht eher scheuen (ein Beispiel, wie er als solcher agierte findet sich in diesem TV-Interview: freundlich, unverbindlich und doch eindeutig zwischen den Zeilen).
Ulrich Thielemann, Wirtschaftsethiker an der Universität von St. Gallen, beschreibt auf einem Blog, dass er mit Lauber einmal bei einer Veranstaltung auf dem Podium gesessen habe. Lauber sei dort zum Thema „Bankgeheimnis“ als „Besänftiger und Verharmloser“ aufgetreten. Thielemann kritisiert, dass niemand im Schweizer Parlament hinterfragt habe, ob ein ehemaliger Banken-Lobbyist der richtige Mann für die Schweizer Bundesanwaltschaft sei.
Lauber war im Herbst 2011 mit überwältigender Mehrheit als einziger Kandidat vorgeschlagen worden. Thielemann: „Ich vermute Ahnungslosigkeit auf Seiten derjenigen politischen Kräfte der Schweiz, die an der beschämenden Praxis der staatlich sanktionierten Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht weiter festhalten möchten. Ich kann nur vermuten, dass Lauber sich zuvor mit den Befürwortern dieser Praxis ins Einvernehmen gesetzt hat – und dann relativ rasch nach seiner Amtsübernahme sein Versprechen wahr gemacht hat.“
Denn für zahlreiche Juristen, auch in der Schweiz, ist es klar, dass Steuereintreibung das Recht eines jedes Staates sei und daher eine staatliche Mitwirkung der Schweiz an Fällen der Steuerhinterziehung rechtlich nicht begründet werden kann – vor allem nicht, solange sich Staaten wie die Schweiz weigern, Abkommen zur Zusammenarbeit zu schließen.
Der Fall Lauber zeigt aber noch etwas anderes sehr deutlich: Wie schon Goldman Sachs (dazu ausführlich mehr bei DMN hier) versucht die Finanzindustrie insgesamt, im politischen Bereich zentrale Positionen zu besetzen. Die Beispiele Monti (Italien), Draghi (EZB), de Guindos (Spanien), Papademos (Griechenland), Geithner (USA) belegen, dass die Banken aktiv daran arbeiten, in gesellschaftlich relevante Positionen zu gelangen. Dort wirken sie dann im Sinne ihrer ehemaligen Klientel. Mit dem Schweizer Bundesanwalt Lauber hat es erstmals ein Bank-Manager in die operative Ebene der Exekutive geschafft. Sein Haftbefehl gegen die deutschen Finanzbeamten zeigt, dass sich die Bankenlobby ohne Abstriche als verschworene Gemeinschaft versteht, die ihre gemeinsamen Interessen durch alle Ebenen ihres Wirkens ziemlich kompromisslos verfolgt.