Politik

Börsen-Steuer: Barroso wischt Bedenken von Juristen beiseite

Die EU-Kommission will die Finanztransaktions-Steuer durchboxen. Die rechtlichen Bedenken der eigenen Anwälte haben für die Politiker keine Relevanz. Das Scheitern des Projektes soll mit allen Mitteln verhindert werden.
16.09.2013 01:50
Lesezeit: 1 min

Der Plan für die Einführung einer Börsensteuer für elf Mitgliedstaaten der EU soll weiter verfolgt werden. Die EU-Kommission will trotz rechtlicher Einwände der eigenen Anwälte nicht aufgeben.

„Die Kommission ist absolut von der Legalität der Steuer überzeugt“, sagte EU-Kommissar Algirdas Semeta nach einer Veranstaltung der EU-Finanzminister in Litauen. „Wir weisen jegliche Vorwürfe, dass sie gegen bestehende EU-Verträge verstößt, zurück.“ Außerdem schränke sie auch nicht die Freiheit des gemeinsamen europäischen Marktes ein, sagte der Steuerkommissar einem Bericht des EU Observer zufolge.

Genau diese Punkte wurden von den Rechtsberatern der Kommission bemängelt. Die Steuersouveränität der anderen Mitgliedstaaten werde verletzt, urteilten die Anwälte in einem Bericht (mehr hier).

Auch Großbritannien hat gegen die Umsetzung des Plans Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingelegt. Die Börsen-Steuer würde den Finanzstandort in London gefährden.

Nur elf Länder, darunter auch Deutschland, haben den Entwurf bereits unterzeichnet. Obwohl die Steuer nur für diese elf Länder gelten würde, arbeiten alle 28 Mitgliedstaaten an dem Entwurf der Steuer mit. Insider halten die Wahrscheinlichkeit für sehr gering, dass die Steuer jemals umgesetzt werde. Die Meinungsverschiedenheiten seien zu groß, das Ausmaß der Steuer sei zu gering.

Die Banken-Lobby hat sich bereits erfolgreich für eine Verwässerung der FTT eingesetzt. Altersvorsorge-Produkte und Interbanken-Geschäfte sollen von der Abgabe ausgenommen werden (mehr hier).

Die Börsen-Steuer soll den Staaten jährlich bis zu 35 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Die Aussicht auf sprudelnde Einnahmen verklärt den Entscheidungsträgern aus Brüssel den Blick auf die Realität.

Die Mehrheit der EU-Staaten will diese Steuer nicht. Die Banken torpedieren das Vorhaben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht geschaffen.

Die Kommission will sich nach dem Scheitern des Fiskalpaktes (hier) aber keine zweite Schlappe erlauben.

Kommissionspräsident Barroso scheut da auch vor Polemik nicht zurück. Wie der Telegraph berichtet, laufe Europa Gefahr, ohne eine Vertiefung der Integration der EU die Voraussetzung wieder zu schaffen, die zu dem Ausbruch des ersten Weltkrieges geführt hätten.

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