Finanzen

Der Fall Gea: Deutsche Mittelständler verschieben Produktion zunehmend nach Osteuropa

Jüngst kündigte der Maschinenbauer Gea aus Düsseldorf eine Verlagerung von Arbeitsplätzen von Deutschland nach Osteuropa an. Es zeigt sich ein Muster: zuvor hatten dies auch mehrere andere deutsche Unternehmen getan.
26.09.2019 11:40
Aktualisiert: 26.09.2019 11:48
Lesezeit: 2 min

Der schwächelnde Maschinenbauer Gea verschärft mit weiteren Stellenstreichungen den Sparkurs und stellt für die kommenden Jahre nur moderates Wachstum in Aussicht, berichtet die dpa. Anstatt der bisher im Raum stehenden bis zu 220 Vollzeitstellen sollen bis Ende 2020 rund 800 Stellen gestrichen werden, zudem werden Arbeitsplätze aus Hochlohnländern etwa nach Osteuropa verlagert. Gea will auch weiter margenschwache Konzernteile rund um Kühl- und Melktechnik mit einem Umsatzumfang von knapp 200 Millionen Euro und 700 Mitarbeitern verkaufen.

"Die Wachstumsaussichten sind intakt, aber mit unserer heutigen Profitabilität sind wir nicht zufrieden", sagte Klebert. "Wir haben es jedoch selbst in der Hand, die Margen zu erhöhen." Zunächst sollen 260 Vollzeitstellen nach Osteuropa verlegt werden. Die gesamten angestrebten Einsparungen bezifferte Finanzchef Marcus Ketter in einer Telefonkonferenz auf 65 bis 130 Millionen Euro.

Die Verschiebung von Produktionskapazitäten und Arbeitsplätzen in die Niedriglohnländer Osteuropas hat sich in den vergangenen Wochen für Unternehmen aus der Industrie und dem Maschinenbau offenbar als effektive Maßnahme erwiesen, um die Kosten zu senken.

Vor einigen Wochen kündigte der Autozulieferer Marquardt an, in den nächsten zwei Jahren bis zu 600 Stellen ins Ausland zu verlagern. „Besonders am Standort Deutschland stehen wir bereits seit mehreren Jahren unter massivem Kostendruck“, sagte ein Sprecher des Unternehmens in Rietheim (Baden-Württemberg) damals. „Zwar haben wir dagegen schon viele Maßnahmen eingeleitet, nicht zuletzt auch durch Zugeständnisse aus der Belegschaft. Trotzdem können wir hier viele Produkte nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren und sind zwischenzeitlich in die Verlustzone gerutscht.“

Wie der Südkurier damals berichtete, sollen die 600 Stellen nach Rumänien, Tunesien und Mazedonien ausgelagert werden.

Auch der bayerische Maschinenbauer Brandl hat nach der Schließung seines Werkes in Pfeffenhausen angekündigt, seine Standorte in Osteuropa zu behalten und die Kapazitäten aus dem deutschen Werk nach dorthin zu verlagern. Diese befinden sich im tschechischen Kaplice und im rumänischen Sibiu. Die in Bayern geleistete Produktion solle dort weitergeführt werden „Alle unsere Abnehmer können weiter innerhalb der üblichen Zeiträume und mit gewohnter Qualität beliefert werden“ sagt Brandl-Restrukturierungsgeschäftsführer Axel Dransfeld.

Doch nicht nur deutsche Unternehmen verschieben Kapazitäten ins günstige Ausland. Auch der Schweizer Hersteller von Autoteilen und Isoliermaterial Weidmann hatte am Mittwoch angekündigt, dass sie einen Teil ihrer Produktion aus Rapperswil-Jona und Ennenda abziehen und in ein eigenes Werk in der Ukraine verlagern will, berichtet die Südostschweiz. Das solle in den nächsten zwei bis drei Jahren geschehen und Ende des Jahres 2022 abgeschlossen sein. Weidmann rechnet mit dem Abbau von höchstens 120 Stellen in der Schweiz, wobei dieser möglichst durch natürliche Fluktuation geschehen solle.

Die Südostschweiz berichtet zu den Gründen für die Entscheidung: Weidmann begründet die Verlagerung damit, dass die globale Marktsituation und der starke Franken sie zu Anpassungen zwinge. Bei den Kunden bestünden seit Längerem Überkapazitäten. Ihre Preise fielen, und der Kostendruck auf die Zulieferer steige. Wichtige Kunden hätten ihre Produktion nach Asien verlagert. Ihnen folgt Weidmann nun mit der Verlagerung in eigene Werke in Osteuropa und in Asien.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...