Finanzen

Deutsche Autozulieferer unter starkem Druck, zwei weitere Insolvenzen laufen an

Die deutsche Zulieferindustrie für die Automobilbranche verliert weltweit und auch national mehr und mehr an Boden – inzwischen haben zwei weitere Betriebe Insolvenz angemeldet oder steuern auf ernste Probleme zu.
25.09.2019 11:53
Aktualisiert: 25.09.2019 12:03
Lesezeit: 2 min

Inzwischen wird es immer deutlicher zur Gewissheit: Die Krise der deutschen Automobilindustrie fordert unter ihren Zulieferern ein Opfer nach dem anderen. Leidtragende sind - wie immer - die Arbeitnehmer, Tausende müssen um ihre Arbeitsplätze bangen.

Hintergründe für die dramatische Entwicklung in der Branche sind die allgemeine konjunkturelle Abkühlung sowie der sehr schwache Pkw-Absatz in China, dem mit Abstand wichtigsten Markt für die deutschen Autobauer. Dort hat es in den vergangenen Monaten eine regelrechte Negativserie mit starken Einbrüchen der Verkaufszahlen gegeben. Neben den Absatzproblemen treffen aber auch strukturelle Veränderungen im Hinblick auf den Wandel hin zur Elektromobilität den wichtigen Wirtschaftssektor.

Ganz konkret erwischte es bereits vor einigen Monaten den süddeutsche Zulieferer Weber Automotive und den schwäbischen Lackieranlagenbauer Eisenmann, die im Zuge der „Mobilitätswende“ das Handtuch werfen mussten. Weitere Firmen sind akut gefährdet.

Wie SR.de meldet, wird bei den Gusswerken Saarbrücken (Avir Gussmann) derzeit ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt. Die Produktion laufe allerdings trotz ausstehender Löhne vorerst weiter. Momentan warten 1500 Mitarbeiter der Firma an den Standorten in Saarbrücken und Leipzig seit mehreren Wochen auf ihr Gehalt, berichtet der Branchenblog Kloepfel Consulting. Bei rund 200 Arbeitnehmer würden überdies noch keine vereinbarten Abfindungen vorliegen. Zudem macht der IG-Metall-Sprechers Thorsten Dellmann auf einer Informationsveranstaltung keine großen Hoffnungen: „Lasst uns alle beten, dass das Geld kommt.“

Große Geldgeber wie General Motors, Volkswagen oder Deutz haben demnach in Befürchtung einer Insolvenz der Gusswerke den Geldzufluss von einem einstelligen Millionenbetrag gestoppt. Deshalb macht der SPD-Fraktionschef im Landtag, Ulrich Commerçon, für die aktuelle Entwicklung insbesondere den Gusswerke-Kunden verantwortlich. "Dass ein Unternehmen sich so aus der Verantwortung stehlen will, ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten", erklärte Commerçon mit Blick auf VW. Eigentümer, Kunden und das Land hatten bis zuletzt um eine Lösung gerungen.

Ein anderer problematischer Auftraggeber für die Gusswerke ist die Deutz AG. Erst Anfang dieser Woche waren Deutz-Aktien nach einer gekappten Gewinnprognose mächtig unter Druck geraten. Die im SDAX gelisteten Papiere brachen an einem einzigen Tag um 16 Prozent ein. Ursachen dafür dürften ebenfalls Sorgen vor einer schwachen Geschäftsentwicklung sein.

Ein weiteres Beispiel für einen ins Schlingern geratenen Automobilzulieferer ist die Brandl Maschinenbau GmbH. Wie die Passauer Neue Presse meldet, muss die Geschäftsleitung des Unternehmens wie viele andere aus der Branche der Realität ins Auge schauen. Das Werk im niederbayerischen Pfeffenhausen soll Ende 2020 geschlossen werden. Traurige Konsequenz: 120 Arbeitsplätze werden gestrichen. Die Gesellschaft begründet den Schritt in einer Pressemitteilung mit dem "dramatischen Umbruch der Automobilzuliefererindustrie".

„Wir haben lange Zeit versucht den Standort Pfeffenhausen erhalten zu können. Es war die schwerste Entscheidung in meinem Leben. Wir bedauern diese Entwicklung, hervorgerufen durch die aktuellen rasanten Veränderungen in der Automobilbranche. Und dies insbesondere mit Blick auf die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen hervorragenden Job geleistet haben und zum großen Teil ihr gesamtes Arbeitsleben bei Brandl Maschinenbau verbracht haben“, wird Brandl-Geschäftsführerin Andrea Brandl-Luckner von mehreren Medien zitiert.

Die osteuropäischen Standorte Kaplice/Tschechien und Sibiu/Rumänien will Brandl behalten. Die in Bayern geleistete Produktion soll dort weitergeführt werden „Alle unsere Abnehmer können weiter innerhalb der üblichen Zeiträume und mit gewohnter Qualität beliefert werden“ sagt Brandl-Restrukturierungsgeschäftsführer Axel Dransfeld.

„Ziel von Brandl Industries ist es, dass die weiteren Standorte langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Nur durch diesen schmerzhaften Schritt kann dies gelingen. Wir haben dabei auch stets die große Lebensleistung unseres Gründers Herbert Brandl vor Augen. Es handelt sich damit um eine der schwersten Entscheidung unserer fast 50-jährigen Firmengeschichte, nachdem wir trotz erfolgreicher Restrukturierungsprojekte und großem persönlichen sowie finanziellen Einsatz keinen anderen Ausweg mehr gesehen haben“, zitiert das Wochenblatt Andrea Brandl-Luckner.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...