Technologie

Erhebliche technische Mängel: Jeder fünfte LKW fällt durch TÜV-Hauptuntersuchung

Rund 20 Prozent aller Nutzfahrzeuge fallen durch die TÜV-Hauptuntersuchung.
06.10.2019 09:08
Lesezeit: 3 min
Erhebliche technische Mängel: Jeder fünfte LKW fällt durch TÜV-Hauptuntersuchung
Jeder fünfte LKW fällt durch die TÜV-Hauptuntersuchung. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Fast jedes fünfte (19 Prozent) in Deutschland zugelassene Nutzfahrzeug ist in den Jahren 2017 und 2018 mit erheblichen technischen Mängeln durch die Hauptuntersuchung (HU) gefallen. Das ist das Ergebnis des „TÜV Reports Nutzfahrzeuge 2019“. Zum Vergleich: In den Jahren 2015 und 2016 lag die Durchfallquote bei der HU noch bei 22 Prozent. In den Jahren 2013 und 2014 waren es sogar 25 Prozent.

Von den 81 Prozent, die die HU in den Jahren 2017 und 2018 bestanden, wiesen 14 Prozent geringe Mängel auf, 67 Prozent waren mängelfrei.

„Die technische Sicherheit von Lastkraftwagen hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren trotz steigender Beförderungsleistung spürbar verbessert“, sagte der Bereichsleiter „Fahrzeug und Mobilität“ beim TÜV-Verband (VdTÜV), Richard Goebelt. „Eine bessere, vorausschauende Pflege der Nutzfahrzeuge durch optimierte Leasing- und Wartungsverträge in Kombination mit einer hohen Prüfdichte tragen zu der positiven Entwicklung bei den Mängelquoten bei.“

Die häufigsten Mängel seien Defekte an der Beleuchtung sowie an den Achsaufhängungen. Zudem seien häufiger Korrosionen und Probleme mit Bremstrommeln oder Bremsscheiben aufgetreten. Stellen die Sachverständigen diese Mängel fest, fallen die Fahrzeuge durch die Hauptuntersuchung und müssen nach der Reparatur innerhalb eines Monats erneut vorgeführt werden.

Trotz des insgesamt positiven Trends sind aus Sicht des TÜV-Verbands auf den Straßen immer noch zu viele Nutzfahrzeuge mit erheblichen technischen Defiziten unterwegs, die zu Unfällen führen und Menschen gefährden können. Immerhin 1.300 Fahrzeuge wurden von den TÜV-Prüfern als komplett verkehrsunsicher eingestuft und an Ort und Stelle aus dem Verkehr gezogen. Im Verhältnis zu den 1,85 Millionen im Untersuchungszeitraum begutachteten Fahrzeugen ist dieser Anteil allerdings ziemlich gering (deutlich unter 0,1 Prozent).

Die mit einem Anteil von circa 80 Prozent mit Abstand wichtigste Fahrzeugklasse sind leichte Transporter (bis zu 3,5 Tonnen Gewicht) wie Mercedes Sprinter, Ford Transit, Fiat Ducato oder VW Transporter. Im Vergleich zum Jahr 2010 ist der Fahrzeugbestand in dieser Klasse vor allem aufgrund des zunehmenden Lieferverkehrs laut Kraftfahrt-Bundesamt um 41 Prozent auf 2,6 Millionen gestiegen. Ihr Anteil an den durchgefallenen Fahrzeugen entspricht ihrem Gesamtanteil. Wobei die Durchfallquote bei den bis zu zwei Jahre alten Leichttransportern lediglich sieben Prozent betrug, bei den bis zu sechs Jahre alten schon 18 Prozent und bei den bis zu zehn Jahren alten sogar 30 Prozent. „Neben Mängeln bei der Beleuchtung und Ölverlust macht bei den älteren Kleintransportern häufig die Achsaufhängung Schwierigkeiten“, sagte Goebelt.

Aus Sicht des TÜV-Verbands muss die gesetzlich vorgeschriebene Hauptuntersuchung von Nutzfahrzeugen mit Blick auf den Klimaschutz und die Digitalisierung mit hoher Dringlichkeit weiterentwickelt werden. „Die EU-Staaten haben sich auf eine kräftige Reduzierung der Emissionen von Lkw bis zum Jahr 2030 verständigt“, sagte Goebelt. „Das starke Flottenwachstum und die steigenden Verkehrsleistungen zeigen, dass die neuen Grenzwerte bei Lkw mit dem Dieselantrieb nicht zu erreichen sind.“ Die Lösung sei ein Mix alternativer Antriebstechnologien, die am besten ohne fossile Energieträger auskommen. Goebelt: „Neben dem Umstieg auf alternative Antriebe muss parallel dazu im Rahmen der Abgasuntersuchung geprüft werden, ob Verbrenner-Fahrzeuge die vorgeschriebenen Werte einhalten.“ Bisher werden bei Benzinern lediglich der Kohlenmonoxid-Gehalt und das Kraftstoff-Luft-Gemisch gemessen und bei Dieseln die Rauchgastrübung. Ab 1. Januar 2021 soll bei Dieselfahrzeugen zusätzlich eine Messung der Partikelanzahl erfolgen. Nach Ansicht des TÜV-Verbands sollten in Zukunft sowohl die Partikelanzahl bei Otto-Motoren als auch weitere Luftschadstoffe wie die umweltgefährdenden Stickoxide (NOx) im Rahmen der Abgasuntersuchung real gemessen werden.

Handlungsbedarf besteht laut TÜV auch bei der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung der Fahrzeuge. Neben den bereits zur Standardausstattung gehörenden Notbrems- und Spurhalteassistenten wird ab 2022 auch der Einbau von Abbiegeassistenten in neuen Lkw-Typen Pflicht, um Radfahrer und Fußgänger besser zu schützen. „An den entsprechenden Standards zur Prüfung von Fahrassistenzsystemen wird momentan mit Hochdruck gearbeitet“, sagte Goebelt. Auch der Schutz vor Cyberangriffen auf vernetzte Fahrzeuge oder der Datenschutz seien bisher unzureichend gesetzlich geregelt. Bisher existieren keine international einheitlichen Testmethoden und Standards zur Validierung und Genehmigung automatisierter Fahrfunktionen sowie deren Software. Ziel müsse die Schaffung von Testumgebungen für Smart Mobility sein, um die schnelle Markteinführung automatisierter Systeme zu ermöglichen. Goebelt: „Die Überprüfung digitaler Fahrzeugsysteme muss bereits im Genehmigungsprozess mitgedacht werden, damit sie später Gegenstand der regelmäßigen TÜV-Prüfung werden können.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Zu wenige Fachkräfte, zu viele Arbeitslose: Deutschlands paradoxer Arbeitsmarkt
28.11.2025

Deutschland steuert auf fast drei Millionen Arbeitslose zu, doch das eigentliche Problem liegt laut Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bleibt im November bei 2,3 Prozent stabil
28.11.2025

Auch im November hat sich die Teuerungsrate in Deutschland kaum bewegt: Die Verbraucherpreise lagen wie schon im Vormonat um 2,3 Prozent...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Koalition erzielt Kompromisse bei Rente, Autos und Wohnungsbau
28.11.2025

Nach langen Verhandlungen haben CDU, CSU und SPD in zentralen Streitfragen Einigungen erzielt. Die Koalitionsspitzen verständigten sich...

DWN
Politik
Politik Zeitnot, Lücken, Belastung: Schulleitungen schlagen Alarm
28.11.2025

Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nach wie vor unter hohem Druck: Laut einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE sind...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Datenschutz oder Fortschritt? Der Balanceakt zwischen Sicherheit und Innovation
28.11.2025

Die DSGVO sollte Vertrauen schaffen – doch sie ist für viele Unternehmen zur Innovationsbremse geworden. Zwischen Bürokratie,...

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
28.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Politik
Politik Korruptionsermittlungen in Kiew: Behörden durchsuchen Bürochef von Selenskyj
28.11.2025

Die ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden haben am Morgen eine Durchsuchung bei Andrij Jermak, dem Leiter des Präsidentenbüros von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie: Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt verschlechtert sich erneut
28.11.2025

Menschen mit Behinderung stehen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend unter Druck: Eine neue Analyse des Handelsblatt Research Instituts im...