"Die globalen Rezessionsrisiken sind gestiegen", sagt Emmerich Müller, persönlich haftender Gesellschafter des seit 1674 bestehenden Bankhauses Metzler und dort verantwortlich für das Private Banking, in der aktuellen Investment-Strategie des Bankhauses. Die durch US-Präsident Donald Trump verursachten Handelskonflikte würden die Planungssicherheit und die Investitionen der Unternehmen stark einschränken. Und je länger die politischen und ökonomischen Unsicherheiten anhalten, desto größer sei die Gefahr einer weltweiten Rezession.
Es stelle sich die Frage, ob die Notenbanken noch über ausreichend Mittel verfügen, um im Krisenfall gegensteuern zu können, so Müller. So stoße die Europäische Zentralbank mit ihrer lockeren Geldpolitik zunehmend an Grenzen. Denn sie könne den Leitzins nicht mehr viel weiter senken, da die Belastungen für das Bankensystem dadurch immer größer würden. Ab einem bestimmten Punkt wirke die Geldpolitik dann nicht mehr expansiv, sondern restriktiv.
"Auch eine stärkere Fokussierung der EZB auf die Anleihekäufe bleibt nicht ohne Nebenwirkungen", ergänzt Carolin Schulze Palstring, Leiterin Kapitalmarktanalyse im Private Banking von Metzler. Denn sinkende Refinanzierungszinsen nähmen jeglichen Druck von den Regierungen hochverschuldeter Staaten, Strukturreformen einzuleiten und Haushaltsdisziplin zu zeigen. Dies dämpfe langfristig das Wirtschaftswachstum.
"Die Politik hat sich zu lange darauf ausgeruht, dass die Notenbanken es schon richten werden", so Schulze Palstring weiter. Nun werde es höchste Zeit, dass auch die Regierungen ihren Beitrag leisten. Insbesondere in Deutschland sei der Investitionsbedarf hoch. Zudem habe die Bundesregierung dafür den nötigen finanziellen Spielraum. Ganz Europa könnte davon profitieren, wenn Deutschland seine Investitionen steigert.
Die Renditen am Anleihemarkt seien in diesem Jahr vielerorts auf historische Tiefststände gefallen. Derzeit seien deutsche Staatsanleihen über fast alle Laufzeiten negativ verzinst. Sogar bonitätsschwächere Länder der Europäischen Währungsunion könnten sich mittlerweile zu Minuszinsen verschulden, darunter zuletzt sogar Griechenland.
Doch nicht nur bei Staatsanleihen, sondern auch bei Unternehmensanleihen haben die Renditen auf historische Tiefstände erreicht. In diesem Jahr würden sogar Non-Investmentgrade-Anleihen erstmals unter null rentieren. Investoren bliebe daher nur die Möglichkeit, ein höheres Laufzeitenrisiko einzugehen, Abstriche bei der Bonität zu machen oder Fremdwährungsanleihen in den Portfolios stärker zu gewichten.
Der Aktienmarkt hingegen profitiere von der lockeren Geldpolitik, denn ein sinkendes Zinsniveau bedeute günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen. Doch Frank Endres, Leiter des Portfoliomanagements bei Metzler Private Banking, rät zu Vorsicht bei der Titelauswahl. Denn mit fehlendem finanziellen Druck sinke der Anreiz, Unternehmen effizient zu managen.
Die anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen würden einige unproduktive Unternehmen nur noch künstlich am Leben halten, darunter die sogenannten Zombie-Unternehmen. Das sind Unternehmen, die laut Bilanz drei Jahre in Folge keinen oder nur einen ganz kleinen Gewinn erzielt haben, weil sie mit ihren operativen Erträgen die Zinskosten nicht decken können.
Nach Angaben des Bankhauses Metzler sind heute mehr als 12 Prozent aller börsennotierten Unternehmen sogenannte Zombie-Firmen. Vor knapp 30 Jahren lag dieser Anteil bei nur 2 Prozent. Auch in Deutschland gibt es heute deutlich mehr Zombie-Firmen, laut Schätzungen von Creditreform sind es derzeit knapp 180.000, wie die ARD berichtet.
"Auf der Jagd nach einer möglichst hohen Rendite legen viele Anleger deshalb den Fokus verstärkt auf jüngere, innovative Firmen, lassen dabei jedoch mögliche Anlagerisiken außer Acht", warnt Endres. So habe der Anteil unprofitabler US-Börsengänger im vergangenen Jahr bei rund 75 Prozent gelegen - so hoch wie seit der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende nicht mehr. Metzler rät, sich an den Fundamentaldaten zu orientieren. Langfristig hätten sich vor allem Bilanz- und Ertragsqualität sowie Bewertung als Erfolgsfaktoren erwiesen.