Finanzen

Nach Gipfel: Deutsche Unternehmen rätseln weiter, ob sie den Sprung nach Afrika wagen sollen

Eine von der Bundesregierung initiierte Konferenz zu Afrika brachte einige Erleichterungen, was Investitionen in die Volkswirtschaften des Kontinents betrifft. Die grundlegenden Probleme werden damit aber wahrscheinlich nicht gelöst.
25.11.2019 13:00
Lesezeit: 3 min
Nach Gipfel: Deutsche Unternehmen rätseln weiter, ob sie den Sprung nach Afrika wagen sollen
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt das Diplomatische Corps zum Jahresempfang auf Schloss Meseberg in Brandenburg. (Foto: dpa) Foto: Wolfgang Kumm

Die Bundesregierung will mit einem Bündel von Maßnahmen für einen Investitionsschub in Afrika sorgen. "Wir müssen den Übergang schaffen zu einem sich selbsttragenden Aufschwung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag bei einer Investorenkonferenz mit zwölf afrikanischen Staaten in Berlin. Sie verwies ebenso wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf neue Finanzierungsinstrumente, um Firmen beim Engagement in Afrika zu unterstützen. Die Ministerpräsidenten Norwegens und Italiens, Giuseppe Conte und Erna Solberg, wiesen auf der Konferenz auf das starke Wachstum vieler afrikanischer Staaten hin. "Unser Pensionsfonds hat mittlerweile fünf Milliarden Dollar in Afrika investiert - und der geht keine Risiken ein", behauptete Solberg. Conte verwies darauf, dass Afrika mit der sehr jungen Bevölkerung jährlich 15 Millionen neue Jobs benötige.

Mit der zweiten großen Afrika-Konferenz in Berlin nach 2018 will die Bundesregierung ihr Engagement vor allem mit zwölf Staaten in der 2017 gestarteten Initiative "Compact with Africa" verstärken. Der in der deutschen G20-Präsidentschaft gestarteten Compact-Initiative gehören mittlerweile Länder wie etwa Tunesien, Senegal, Togo, Ruanda oder Äthiopien an, die sich zu mehr Transparenz und Reformen verpflichtet haben. Conte nahm an der Konferenz teil, weil Italien die nächste G20-Präsidentschaft übernimmt und Afrika zum Schwerpunkt machen will.

Der Afrikaverein der deutschen Wirtschaft hatte zuvor eine bessere staatliche Absicherung von Investitionen gefordert. Auf einer Investorenkonferenz verwies Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf ein breites neues Instrumentarium an Hilfen. Dazu gehört etwa ein neues Programm (Afrika-CIRR) mit Krediten bis zu 85 Millionen Euro und festem Zins. Entwicklungsminister Gerd Müller sagte, man investiere 400 Millionen Euro in afrikanische Mittelständler. Die KfW und die Allianz gaben am Dienstag bekannt, dass sie im Auftrag des Entwicklungsressorts einen Dachfonds "AfricaGrow" aufgelegt hätten. Dieser solle mit 170 Millionen Euro aus öffentlichem und privaten Geld bis zu 150 innovative kleine und mittlere Unternehmen in Afrika fördern.

Sowohl Merkel als auch Vertreter der afrikanischen Staaten kritisierten, dass internationale Organisation und Ratingagentur bei der Einschätzung afrikanischer Staaten die Risiken immer noch höher gewichteten als die Chancen. Dies müsse sich ändern, weil es Investitionen hemme.

Im ersten Halbjahr 2019 sei die Handelsbilanz Deutschlands mit Afrika trotz der lahmenden Konjunktur um neun Prozent gewachsen, sagte Altmaier. Die deutschen Exporte beliefen sich im vergangenen Jahr auf 23 Milliarden Euro, die Importe auf 22 Milliarden Euro. Das Wirtschaftsministerium teilte mit, dass deutsche Unternehmen 2018 knapp zwei Milliarden Euro in Afrika investiert hätten, eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Als größte Probleme in Afrika gelten laut Merkel das sehr starke Bevölkerungswachstum und die Sicherheitslage etwa in der Sahelzone. Firmen beklagen sich zudem über Korruption und den Mangel an ausgebildeten Fachkräften.

Kritik kam von der Entwicklungshilfeorganisation Venro. Direktinvestitionen aus dem Ausland könnten bei der Stärkung von kleinen und mittleren afrikanischen Betrieben nur bedingt helfen, sagte Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von Venro. "Die Bundesregierung sollte spezielle Fördermaßnahmen für Investitionen in afrikanische kleine und mittlere Unternehmen auflegen und bestehende Förderinstrumente ausbauen."

Während die Bundesregierung für mehr Investitionen trommelt, herrscht bei der deutschen Wirtschaft offenbar noch Skepsis vor:

Diese sieht noch große Hürden für mehr Investitionen in Afrika. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Vielfach verhindern hohe Bürokratiehürden, Korruption oder Sicherheitsfragen, dass deutsche Unternehmen den ersten Schritt nach Afrika überhaupt wagen." Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen hätten es schwer, Risiken zu managen und die Finanzierung ihrer Geschäfte zu gestalten. Afrika sei aus Sicht der Wirtschaft aber mehr als nur der "ewige Chancenkontinent".

Für viele deutsche Unternehmen in Afrika sei zudem der Fachkräftemangel ein großes Problem. "Eine Lösung hierfür ist die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild, die von vielen Unternehmen in Afrika bereits durchgeführt wird." Armutsreduzierung und die Schaffung von Perspektiven für eine junge und stark wachsende Bevölkerung seien Hauptziele deutscher Politik in Afrika. "Die Grundlage zur Erreichung dieser Ziele ist nachhaltiges Wirtschaftswachstum", sagte Wansleben. "Deutsche Unternehmen leisten mit afrikanischen Partnern durch Investitionen und den Ausbau von Handelsbeziehungen bereits einen wertvollen Beitrag."

Wansleben wies auf die Chancen in Afrika hin. 58 Prozent der Unternehmen, die bereits auf dem afrikanischen Kontinent aktiv seien, erwarteten positive Geschäfte im kommenden Jahr, nur sieben Prozent schlechtere. Dies zeige eine Sonderauswertung Afrika im Rahmen des aktuellen "AHK World Business Outlooks".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...