Deutschland

Investoren stoßen in großem Umfang Schuldscheine von Autozulieferer Leoni ab

Der Automobilzulieferer Leoni AG, eines der ältesten deutschen Unternehmen, steht bei Anlegern unter Druck. Dies zeigt die wachsende Unruhe angesichts der schwächelnden deutschen Wirtschaft - insbesondere im Automobilbereich.
21.11.2019 10:25
Lesezeit: 2 min
Investoren stoßen in großem Umfang Schuldscheine von Autozulieferer Leoni ab
Bayern, Nürnberg: Der Schriftzug des Kabelspezialisten und Autozulieferers Leoni steht am Eingang der Zentrale des Unternehmens. (Foto: dpa) Foto: Daniel Karmann

Eine Reihe von Investoren hat offenbar erhebliche Anteile an den 590 Millionen Euro in Schuldscheinen der Leoni AG mit einem Abschlag verkauft. Dies bericht Bloomberg unter Berufung anonyme Insider. Das Unternehmen, das elektrische Komponenten für Autos herstellt, ist mit rund 1,2 Milliarden Euro Schulden belastet und muss im kommenden März Schuldscheine im Umfang von 170 Millionen Euro auszahlen.

Zudem hat dem Bericht zufolge eine Gruppe von Banken, die der Leoni AG Kreditlinien in Höhe von 750 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben, die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer beauftragt, bei möglichen Kreditgesprächen mit dem Unternehmen zu beraten.

Leoni, das im Jahre 1569 in Nürnberg mit der Herstellung hochwertiger Garne begann und heute fast 100.000 Menschen in 32 Ländern beschäftigt, verzeichnete in diesem Jahr einen Rückgang seines Aktienpreises um 60 Prozent. Analysten prognostizieren für dieses Jahr einen Verlust von 240 Millionen Euro, nachdem Leoni in den ersten neun Monaten im Vergleich zum letzten Jahr 40 Prozent mehr liquide Mittel verbrannt hat. Ende September verfügte die Leoni AG noch über 583 Millionen Euro an verfügbarer Liquidität. "Leonis Liquidität ist am Rande", zitiert Bloomberg Christian Ludwig, Analyst im Bankhaus Lampe. "Sie haben rund 1 Milliarde Euro Schulden und es werden bis Ende des Jahres keine wesentlichen Verbesserungen erwartet."

Dennoch hat das Unternehmen ausreichende Mittel, um eine im März fällige Schuldverschreibung zurückzuzahlen, sagte ein Unternehmenssprecher. Zudem wurden 49 Millionen Euro der im September fälligen Schuldscheine vollständig zurückgezahlt.

Der Verkauf von Schuldschein-Anteilen durch einige seiner Investoren kann die Situation für das Management erschweren. Hedgefonds, die auf notleidende Kredite spezialisiert sind und möglicherweise die neuen Käufer waren, könnten sich als härtere Verhandlungspartner erweisen als die ursprünglichen Investoren. Das ist bedenklich, denn Schuldscheine brauchen die einstimmige Unterstützung der Investoren, um die Bedingungen neu festzulegen, im Gegensatz zu anderen Arten von Schulden, die dafür nur eine Mehrheit der Investoren benötigen.

Leoni dürfte 2021 wieder in die Gewinnzone zurückkehren und durch den Verkauf seiner Draht- und Kabelsparte WCS von einem deutlichen Cash-Zufluss profitieren, zitiert Bloomberg den Analysten Jürgen Pieper von B Metzler seel Sohn & Co. Allerdings gibt es bisher noch keine Käufer dieser Einheit, die zudem im dritten Quartal unrentabel war. Ein Verkauf könnte erst nach Ablauf der Schuldschein-Tranchen in vier Monaten erfolgen. Weitere 25 Millionen Euro der Schulden werden im November nächsten Jahres fällig, sagte Leonis-CEO Aldo Kamper am 13. November.

Der Finanzberater Hans-Joachim Ziems hat in den vergangenen Monaten mit der Leoni AG an deren Strategieprogramm gearbeitet, das bis zum Jahr 2022 jährliche Kosteneinsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro vorsieht, sagte der Sprecher des Unternehmens.

Die Leoni-Aktien fielen am Mittwoch um rund 6 Prozent auf rund 11,90 Euro, nachdem Bloomberg berichtet hatte, dass einige Gläubiger Schuldscheine verkauft hatten. "Das kann schnell zu einer Abwärtsspirale führen", sagte Daniel Kukalj, Aktienanalyst bei der Quirin Privatbank. "Investoren, die offenbar bereit sind, ihre Schuldscheine mit Abschlägen zu verkaufen, zeigen, dass sie wenig Vertrauen in die weitere Entwicklung des Unternehmens haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...