Deutschland

Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe von Einbrechern geplündert

In das Dresdner Museum "Grünes Gewölbe" wurde eingebrochen. Wie hoch der Schaden infolge des Diebstahls zahlreicher historischer Schmuckstücke ist, lässt sich derzeit nicht abschätzen.
25.11.2019 10:45
Aktualisiert: 25.11.2019 10:45
Lesezeit: 3 min
Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe von Einbrechern geplündert
Besucher im Grünen Gewölbe. (Foto: dpa) Foto: Matthias_Hiekel

Es ist einer der spektakulärsten Fälle der vergangenen Jahrzehnte: Einbrecher haben aus der berühmten Schatzkammer Grünes Gewölbe in Dresden Kunstschätze von kaum messbarem Wert gestohlen. Vermutlich zwei Täter stiegen über ein Fenster in das Residenzschloss mitten in der Dresdner Altstadt ein. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei könnten weitere Täter beteiligt gewesen sein. Bisher fehlt von ihnen jede Spur. Eine zehnköpfige Sonderkommission namens «Epaulette» fahndet derzeit mit Hochdruck nach den Tätern.

Die Überwachungskamera im Juwelenzimmer habe zwei Einbrecher gezeigt, sagte der Leiter der Kriminalpolizei, Volker Lange. Die Täter hätten zuvor ein Gitter durchtrennt und das Fenster eingeschlagen. Anschließend seien zielsicher auf eine Vitrine zugegangen und hätten diese zertrümmert.

Das Diebesgut sind nach bisherigen Erkenntnissen Diamanten und Brillanten aus dem 18. Jahrhundert. Die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, sprach von einem «Staatsschatz». Die Schadenshöhe ist derzeit noch unklar.

Der Einbruch wurde am frühen Montagmorgen gemeldet. Um 04.59 Uhr hätten sie vom Sicherheitsdienst die Information bekommen, dass es einen Einbruch gebe, sagte der Dresdner Polizeipräsident Jörg Kubiessa. Kurz darauf wurde der erste Streifenwagen alarmiert, wenig später waren demnach alle 16 im Stadtgebiet verfügbaren Einsatzwagen mit der Fahndung beauftragt.

Geprüft wird zudem ein möglicher Zusammenhang mit dem Brand eines Stromverteilers im Bereich der Augustusbrücke am frühen Montagmorgen. Dieser hatte für einen Stromausfall gesorgt. Unter anderem seien die Straßenlampen im Bereich des Residenzschlosses ausgefallen. «Es herrschte völlige Dunkelheit», so Lange.

Kurz nach der Tat gab es zudem einen Fahrzeugbrand in Dresden. Die Ermittler prüfen, ob es sich dabei um den Fluchtwagen handeln könnte. Die Autobahn Richtung Polen und Richtung Berlin liegt nur wenige Minuten entfernt. Die Bundespolizei wurde eingeschaltet.

Betroffen sind möglicherweise etwa 100 Objekte aus den Juwelengarnituren Friedrich August I. (der Starke). Die Ensembles aus Knöpfen, Schnallen, Hutzier, Orden, Achselschleifen oder Stockknöpfen sind mit Brillanten, Diamanten, Rubinen, Smaragden oder Saphiren besetzt. Wieviel davon verschwunden ist, war zunächst unklar.

Nach Angaben der Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, lässt sich der Wert des Diebesguts nicht beziffern. Das mit dem Wert sei so eine Sache, sagte sie. Sie könne das nicht «in einem Wert» auflösen. Die besondere Bedeutung liege weniger im Materialwert als in der Vollständigkeit des Ensembles. Sie hofften, dass das Diebesgut aufgrund der «internationalen Bekanntheit» dem Kunstmarkt entzogen sei.

Nach dem Einbruch soll nun das Sicherheitskonzept noch einmal überprüft werden. «Ein solches Vorkommnis wird natürlich dazu führen, dass man sich die Frage stellen muss, was man noch verschärfen muss, was man anders machen muss», sagte Ackermann. Die Räume des Grünen Gewölbes sind eigentlich streng gesichert.

Laut Ackermann hatte das Sicherheitspersonal die Verdächtigen auf der Videoüberwachung gesehen und die Polizei verständigt. Das Personal sei nicht bewaffnet. Weltweit ist es Ackermann zufolge üblich, dass sich die Mitarbeiter in solchen Fällen keiner Gefahr aussetzen und die Polizei informieren.

Auch Polizeipräsident Jörg Kubiessa kündigte an, das Sicherheitskonzept auf den Prüfstand zu stellen. Aber dazu müsse man erstmal wissen, was passiert sei, so Kubiessa. Die Dresdner Polizei hat nach eigenen Angaben auch Kontakt zu Ermittlern in Berlin aufgenommen. Sie stünden in Kontakt, um zu sehen, «was gibt es für Zusammenhänge, was gibt es für ähnliche Tatmuster», sagte der Leiter der Kriminalpolizei, Lange. In Berlin hatten Unbekannte im Frühjahr 2017 im Bodemuseum eine 100 Kilogramm schwere Goldmünze gestohlen.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nannte den Einbruch in das Grüne Gewölbe erschütternd und schockierend. «Angesichts generalstabsmäßig organisierter, hochkrimineller Täter ist der noch stärkere Schutz unserer Museen und Kultureinrichtungen eine Aufgabe von höchster Priorität», sagte Grütters.

Nach dem Einbruch kann das Residenzschloss eventuell am Mittwoch wieder geöffnet werden. Nach dem Einbruch blieb das Residenzschloss am Montag für Besucher geschlossen. Ein Schild am Eingang in deutscher und englischer Sprache wies darauf hin, dass das Museum aus «organisatorischen Gründen» geschlossen bleibe.

Sachsens Regierungschef zeigte sich entsetzt: «Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen!», sagte Michael Kretschmer (CDU). «Die Werte, die im Grünen Gewölbe und im Residenzschloss zu finden sind, sind von den ‎Menschen im Freistaat Sachsen über viele Jahrhunderte hart erarbeitet worden», betonte Kretschmer. «Man kann die ‎Geschichte unseres Landes, unseres Freistaates nicht verstehen ohne das Grüne Gewölbe und ‎die Staatlichen Kunstsammlungen Sachsens.»

Sachsens Kurfürst August der Starke (1670-1733) ließ die Schatzkammer zwischen 1723 und 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räume der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke.

Eines der wertvollsten Stücke des Grünen Gewölbes wird derzeit im Metropolitan Museum of Art in New York ausstellt - der Grüne Diamant. Das Hut-Schmuckstück mit dem einzigartigen Stein von 41 Karat und natürlicher Färbung gilt als spektakulärste Leihgabe der Ausstellung «Making Marvels: Science and Splendor at the Courts of Europe».

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