Politik

Bundesregierung will auf die Passwörter der deutschen Bürger zugreifen

Ein neuer Gesetzesentwurf des Justizministeriums soll Onlinedienste dazu verpflichten, zahlreichen Behörden die Passwörter ihrer Kunden auf Anfrage herauszugeben. Der deutsche Digitalverband Bitkom geht auf die Barrikaden.
17.12.2019 14:00
Aktualisiert: 17.12.2019 15:00
Lesezeit: 1 min
Bundesregierung will auf die Passwörter der deutschen Bürger zugreifen
Eine Anzeige mit dem Wort "Passwort" auf einem Bildschirm. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Das Bundesjustizministerium will die Betreiber von Online-Portalen verpflichten, die Daten ihrer Kunden preiszugeben. Ein neuer Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Dienstleister einer großen und bislang unbestimmten Anzahl von Behörden einen zeitnahen Zugriff auf die Passwörter einzelner User ermöglichen müssen. Der Staat darf zwar bisher die Telefonate mithören, nicht aber die Kommunikation im Internet mitverfolgen. Begründet wird der Vorstoß mit dem Kampf gegen Rechtsradikalismus und Hass im Internet.

Alles auch ohne richterlichen Beschluss

Die Behörden können nach dem neuen Gesetzesentwurf die Herausgabe des Passworts ohne richterlichen Beschluss verlangen. Darüber hinaus ist der Begriff, welche Ämter dieses Recht künftig haben sollen, sehr weit gefasst: Dem Wortlaut des Gesetzes zufolge sind das alle Behörden, „die für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, für die Gefahrenabwehr, Geheimdienste von Bund, Ländern sowie für die Zollverwaltung" und "alle Ämter, die auch für die Schwarzarbeitsbekämpfung zuständig sind".

Darüber hinaus ist auch der Kreis derjenigen, die davon betroffen sein können, sehr groß. Das können im Prinzip alle Betreiber von Onlinediensten sein. Dazu gehören soziale Netzwerke, aber auch alle Anbieter von Foren, sofern sie nur über ein Impressum mit einer Anschrift verfügen.

Digital-Verband Bitkom geht auf die Barrikaden

Dieses Projekt stößt allerdings auf erbitterten Widerstand: „Die Herausgabe vertraulicher Passwörter ohne richterlichen Beschluss, automatisierte Weiterleitung von IP-Adressen – wir sind erstaunt, dass solche Vorschläge aus jenem Ministerium unterstützt werden, das sich den Datenschutz besonders groß auf die Fahnen geschrieben hat“, kritisierte der Chef des deutschen Digitalverbandes Bitkom, Bernhard Rohleder.

„Das jetzt vorgestellte Gesetz wirft Grundwerte über Bord, die unser Zusammenleben online wie offline seit Jahrzehnten prägen“, fügte Rohleder hinzu. „Kurz vor Weihnachten kommt auf den letzten Drücker der nächste überhastete Vorstoß gegen ein lange bekanntes Problem“, schrieb der Bitkom-Chef.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...