Das sind die Hauptsorgen der deutschen Premium-Autobauer
Deutschlands Premium-Autobauer stecken derzeit tief in der Klemme. Mercedes-Benz, BMW, Porsche und Audi: Sie alle mussten diese Woche teils massive Gewinneinbrüche für das erste Halbjahr vermelden.
Lange floss in Stuttgart, Ingolstadt und München gutes Geld durch teure Autos. Ingenieurskunst "Made in Germany" brachte satte Erträge. Das deutsche Auto als Statussymbol war weltweit begehrt – vor allem in China, dem größten und wichtigsten Markt.
Doch dieser Erfolg gerät ins Wanken. Die Hersteller kämpfen mit einer Vielzahl an Problemen. Die meisten reagieren unter anderem mit Sparprogrammen. Die sollen künftig die Ergebnisse verbessern, belasten sie aber zunächst – etwa durch Kosten für Abfindungen.
Experte: Zu teuer, zu wenig digital
Nach Einschätzung von Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer ist es den Herstellern bisher nicht gelungen, den stetigen Rückgang der Verkäufe in China zu stoppen. "Hauptgrund sind die Elektroautos der deutschen Autobauer, die bei den chinesischen Kunden nicht gut ankommen", erklärte er. Sie seien zu teuer und nicht digital genug. Zusätzlich hätten sich US-Zölle und eine neue Luxussteuer in China negativ ausgewirkt – Letztere zielt auf hochpreisige Autos ab.
Die Lage sei deutlich kritischer geworden, sagte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Er beobachtet seit Jahren, wie in China einheimische Premium-Hersteller auf den Markt drängen und die Deutschen angreifen. Diese seien nicht nur innovativer, sondern auch preiswerter. Die deutschen Marken könnten ihre hohen Preise daher nicht mehr durchsetzen. Doch wie steht es konkret um die einzelnen Hersteller?
Mercedes-Benz: Gewinneinbruch trotz Sparprogramm
Der Stuttgarter Autobauer verzeichnete im ersten Halbjahr einen drastischen Gewinneinbruch. Das Konzernergebnis sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als die Hälfte – von rund 6,1 Milliarden Euro auf rund 2,7 Milliarden Euro. Der Umsatz schrumpfte um 8,6 Prozent auf 66,4 Milliarden Euro. Mercedes-Chef Ola Källenius sprach angesichts der Quartalszahlen von soliden Finanzergebnissen. Dennoch brach der Konzernüberschuss im Zeitraum April bis Juni um rund 69 Prozent auf 957 Millionen Euro ein.
Im zweiten Quartal belasteten laut Finanzchef Harald Wilhelm Zolleffekte das Ergebnis mit einem mittleren, dreistelligen Millionenbetrag. Zudem drückten Sparmaßnahmen auf die Bilanz. So wurden laut Wilhelm 560 Millionen Euro für Abfindungen zurückgestellt.
Porsche: Tiefer Absturz beim Gewinn
Auch bei Porsche sieht es nicht besser aus: Der Gewinn des Sportwagenbauers fiel stark. Der Konzernüberschuss lag von Januar bis Juni bei 718 Millionen Euro – ein Minus von gut 71 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders im zweiten Quartal verschärfte sich die Lage der Zuffenhausener: Im Autogeschäft ohne Finanzdienste brach der operative Gewinn um knapp 91 Prozent ein.
Allein durch die US-Zölle entstanden rund 400 Millionen Euro an Belastungen. Hinzu kamen Sonderkosten für den Konzernumbau – vor allem wegen der Schwäche in China. Porsche plant, im Raum Stuttgart Stellen zu streichen. Ein weiteres Sparpaket soll in den kommenden Monaten verhandelt werden.
Für den einstigen Gewinnbringer im Volkswagen-Konzern ist das bitter: "Wir sind bei weitem nicht dort, wo wir sein wollen – und wo wir bei Porsche hingehören", sagte Vorstandschef Oliver Blume.
Audi: US-Zölle und Stellenabbau drücken aufs Ergebnis
Wie Porsche hatte auch Audi in der Vergangenheit hohe Beiträge zum VW -Gewinn geleistet. Aktuell ist das nicht mehr der Fall. Der Gewinn des Teilkonzerns, zu dem auch Bentley und Lamborghini gehören, sank im ersten Halbjahr um 37,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro.
Allein die US-Importzölle kosteten die Ingolstädter rund 600 Millionen Euro. Hinzu kamen Rückstellungen für den geplanten Abbau von etwa 7.500 Stellen in Deutschland. Die Zahlen zeigten, "wie notwendig die eingeleitete Transformation ist", erklärte Finanzchef Jürgen Rittersberger.
BMW: Stabile Auslieferungen trotz Gegenwind
Im Vergleich zur Konkurrenz steht BMW relativ stabil da. Auch die Münchner mussten im ersten Quartal einen Gewinneinbruch hinnehmen – jedoch schwächer als die anderen Hersteller. Wie sich Zölle und das anhaltend schwache China-Geschäft auf das Halbjahresergebnis auswirkten, zeigt BMW am Donnerstag.
Trotz aller Schwierigkeiten gibt es einen Lichtblick: Zuletzt konnte sich das Unternehmen dem Abwärtstrend der Automärkte entziehen und den Absatz stabil halten. Im ersten Halbjahr lieferte der Konzern 1.207.388 Fahrzeuge der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce aus. Das waren nur ein halbes Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Wie geht es weiter?
Die Premium-Hersteller müssten sich vorerst mit geringeren Gewinnmargen arrangieren, sagte Bratzel. Es brauche Impulse durch neue Modelle – die seien auch angekündigt worden. Zudem müssten die Autobauer ihre Fahrzeuge begehrlicher machen. Sie müssten innovativer sein als die Konkurrenz. Doch Investitionen erforderten Kapital.
In diesem Geschäftsjahr werde sich an der Lage kaum etwas ändern, so Dudenhöffer. Er rechnete damit, dass neue Modelle den Abwärtstrend in China bremsen könnten. Mittelfristig erwartet er Produktionsverlagerungen in Richtung USA. Deutschland werde für die heimischen Premium-Hersteller an Bedeutung verlieren – sowohl bei der Produktion als auch bei der Entwicklung, sagte Dudenhöffer.



